Stellungnahmen/Wahlcomputer

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Nachvollziehbarkeit

Das Wahlgesetz sieht vor, dass die Wahl geheim, frei, kostenlos und nachvollziehbar sein muss (§1 Abs. 1 BWG) QUELLE. Die Nachvollziehbarkeit ist bisher durch die Öffentlichkeit der Wahl und der Existenz eines physischen Protokolls (Stimmzettel) gegeben. Das bedeutet, daß jeder interessierte Bürger das Geschehen im Wahllokal während der Wahl und bei der Auszählung beobachten und dadurch die Feststellung des Wahlergebnisses vor Ort nachvollziehen kann. Bei Unstimmigkeiten können die Papierstimmzettel jederzeit neu gezählt und auch von mehreren Personen geprüft werden.

Bei der Verwendung von Wahlcomputern kann die Wahl nur noch von wenigen Experten kontrolliert werden. Ausserdem wird mit dem Verweis auf Geschäftsgeheimnisse der Hersteller von Wahlcomputern die Überprüfbarkeit noch weiter eingeschränkt. Der Wahlcomputer wird dadurch für den Wähler zu einer "Black Box" die er nicht überprüfen kann und die ihm keine Möglichkeit bietet sich zu vergewissern daß seine Stimme auch wirklich gezählt wurde.

Geheime Wahl bedeutet, dass auch nicht heraugefunden werden darf, wer wie gewählt hat.

Sicherheit

Wahlcomputer werden zur Landtagswahl 2008 in Hessen in neun Wahlkreisen eingesetzt: Niedernhausen, Obertshausen, Langen, Bad Soden a.T., Lampertheim, Alsbach-Hähnlein, Eppertshausen und Niestetal.

Die Abdeckung aller Wähler in Hessen liegt somit bei ca. 3%. Damit ist die Auswirkung eine Fälschung auch nur auf genau diese drei Prozent begrenzt. Eine Wahlmanipulation durch Wahlcomputer kann daher keine starken Auswirkungen haben - außer natürlich, wenn zwei große Parteien quasi Stimmengleichheit haben und sich eine Mehrheit nur mit Hilfe dieser Computerstimmen etablieren könnte (als Beispiel bietet sich das Ergebnis der Landtagswahl 2008 in Hessen an). Darüber hinaus kann eine Manipulation beeinflussen, ob kleine Parteien an der 5%-Hürde oder an der Grenze zur Wahlkampfkostenerstattung scheitern.

Wahlcomputer werden aktuell noch getestet und das Ziel ist, diese flächendeckend einzusetzen (für das Gegenteil müsste man nicht testen, sondern nur seinen gesunden Menschenverstand einsetzen oder zumindest diesen Text lesen)

Angriffsmöglichkeiten

Es gibt verschiedene Szenarien, wie eine Manipulation durchgeführt werden könnte:

  • Austausch der Ergebniskassette: Der Wahlcomputer schreibt alle Wahlvorgänge aller Wähler in einen nichtflüchtigen Speicher, der nach der Wahl beim Wahlleiter vorbeigebracht wird, um das Wahlergebnis festzustellen. Auf dem Weg dorthin könnte diese Kassette ausgetauscht werden. Diese Manipulation benötigt ein paar unbeobachtete Sekunden und entsprechend vorprogrammierte Austauschkassetten.
  • Austausch des EPROMS des Wahlcomputers. Die Software des Wahlcomputers ist in einem Chip untergebracht, der ausgetauscht werden kann. Dies wurde unlängst in den Niederlande vor laufender Kamera gezeigt, es dauerte nur wenige Minuten, den Wahlcomputer zu öffnen und den Chip auszutauschen. Als Folge dieser Vorführung (bei der aus dem Wahlcomputer ein Schachcomputer gemacht wurde) wurden die Wahlen in den Niederlande wieder zurück zur Papierwahl umgestellt. [1]. Diese Manipulation benötigt ein paar unbeobachtete Minuten mit dem Gerät und Kenntnisse des Aufbaus, sowie einen programmierten Austausch-Chip.
  • Austausch des kompletten Gerätes. Benötigt ein entsprechend programmiertes Austauschgerät und ein paar unbeobachtete Momente mit dem Originalcomputer.
  • Manipulation ab Werk. Der Hersteller könnte durch geeignete Programmierung eine Partei bevorzugen, die sich dafür erkenntlich zeigt oder profan weil sie als Wahlcomputerbefürworter auftritt und man sich so ein größeres Geschäft erwartet.
  • Aufkleben falscher Namensaufdrucke der Parteien. Beispielsweise könnte man die Oberfläche durch eine selbstaufgeklebte ersetzen, die dem Original hinreichend ähnelt. Dabei könnte man zwei oder mehrere Parteien vertauschen. Dem normalen Bürger würde dies wahrscheinlich nicht auffallen, evtl. nicht mal den zuständigen Wahlhelfern, wenn diese Fälschung gut gemacht ist. Ein Rückrechnen des Ergebnisses ist nicht möglich, da der Zeitpunkt der Manipulation bekannt sein dürfte, selbst wenn, kann man nicht nachvollziehen, wie viele Stimmen seit der Manipulation vertauscht wurden.
  • Zerstörung des Gerätes. Plump, aber man könnte stolpern und den Wahlcomputer zu Boden werfen oder ähnliches. Subtiler wäre es, mit einer Spritze Flüssigkeit oder gar Säure ins Gehäuseinnere gelangen zu lassen. Passiert das in einigen Wahlkreisen die historisch gesehen eine bestimmte Partei favorisieren, kann dadurch das Wahlergebnis maßgeblich verändert werden.
  • Kameras in der Wahlkabine. In Verbrecherkreisen werden Minikameras eingesetzt, um heimlich EC-Kartenautomaten auszuspähen. Diese Kameras sind mittlerweile so klein, dass sie nur mit geschultem Auge erkannt werden können. Dieser Angriff beeinflusst zwar sicherlich nicht das Wahlergebnis, Verletzt jedoch das Wahlgeheimnis. Dieses Problem kann auch bei der herkömmlichen Papierwahl auftreten.

Als Gegenmaßnahmen wird häufig ein verschärften der Verfahrensvorschriften genannt (z.B. Wahlgeräte häufiger kontrollieren, keine Lagerung ohne Beaufsichtigung). Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass historisch gesehen Wahlmanipulationen häufig von den Personen ausging die eben diese Maßnahmen durchführen sollen.

Es sind aber nicht nur bösartigen Angriffen mit denen gerechnet werden muss. Durch die Unkontrollierbarkeit von Wahlcomputern sind auch zahlreiche technische Defekte denkbar die unerkannt bleiben und das Wahlergebnis beeinflußen: Tasten, die sich im Verlauf des Wahltages immer schwerer drücken lassen, Haarrisse in der Platine, die Fehlfunktionen verursachen oder Bauteile, die durch Erwärmung im laufenden Betrieb anders funktionieren als vorgesehen.

Diskreditierung des Wahlcomputerergebnisses

Auch diese folgenden Punkte sind Angriffsszenarien, da ein durch Wahlcomputer zustandegekommenes Ergebnis auch ohne tatsächliche Manipulation angezweifelt werden kann:

  • Aufbrechen des Siegels, wahlweise mit Hinterlassen handelsüblicher Computerschrauben. Bei Wahllokalschließung wird festgestellt, dass das Gerät nicht mehr im Originalzustand ist und das Wahlergebnis daher nicht gewertet werden darf.
  • Selbst wenn keine Manipulation entdeckt wurde, kann das Ergebnis angezweifelt werden, weil der Grundsatz der Nachvollziehbarkeit bei Wahlcomputern nicht gegeben ist und niemand das Gegenteil beweisen kann.

Eine Manipulation an der Programmierung würde immer subtil ablaufen müssen. Niemand würde eine Wahl anerkennen, bei der ein ungewöhnlich großer Anteil oder gar 100% aller Stimmen für eine Partei abgegeben werden. Eine Mögliche Manipulation würde daher nur z.B. jede zehnte Stimme für Partei A als Stimme für Partei B speichern (angezeigt wird natürlich die tatsächlich abgegebene Stimme). Da die Wahlgeräte von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) geprüft werden, müssten die dort vorgelegten Geräte frei von Manipulationen sein oder die Manipulation müsste so geschickt getarnt werden, dass sie nur am Wahltag auftritt. Das wäre möglich durch einfache Datumsabfrage (was sicherlich (hoffentlich) durch die PTB geprüft würde) oder durch eine spezielle Wahlkombination (nacheinander Tasten drücken für Partei A, B, D, D, C), wodurch die Manipulation "scharf" gemacht würde.

Es wäre sogar vorstellbar, dass innerhalb der letzten Variante auch noch nachträgliche Programmierungen durchgeführt werden können. In diesem Falle würde morgens ein Wähler im Rahmen des normalen Wahlvorgangs diese Programmierung scharf stellen und abends ein anderer Wähler dies wieder aufheben, so dass auch nachträglich keine Manipulation mehr feststellbar wäre.

Schnelligkeit

Ein unbestritten großer Vorteil der Wahlcomputer ist die Geschwindigkeit, mit der das Wahlergebnis feststehen kann. Direkt nach Schließung der Wahllokale kann das Wahlergebnis übermittelt werden und zumindest das vorläufige Ergebnis steht fest.

In einigen großen Wahlkreisen und Wahlbezirken kann die Auszählung herkömmlicher Stimmen schonmal mehrere Tage dauern und so lange steht das offizielle Wahlergebnis noch nicht endgültig (sondern nur näherungsweise) fest.

Wahlbeteiligung

Um eine hohe Legitimation des Wahlergebnisses zu erreichen, ist auch eine hohe Wahlbeteiligung erforderlich, sonst spiegelt das Wahlergebnis nur unzureichend die Meinung der Bevölkerung dar.

Um Kosten zu sparen (und weniger Wahlcomputer anzuschaffen), werden in den Wahlkreisen nicht einfach jedes Wahllokal mit den entsprechenden Computern ausgestattet, sondern es werden die Wahlbezirke und -lokale zusammengefasst und somit eine größere Zahl Bürger pro Wahllokal erreicht. Umgekehrt kann man sagen, dass die Bürger eine größere Entfernung zum Wahllokal haben. Mittlerweile ist empirisch erwiesen, dass eine größere Entfernung mit abnehmender Wahlbeteiligung korreliert [QUELLE?].

Ein weiterer Punkt, der zu geringerer Wahlbeteiligung führt ist die Tatsache, dass lange Schlangen vor den Wahllokalen Bürger abschreckt, sich hinten anzustellen, sondern ermutigt lieber später (oder garnicht) wieder zu kommen.

Kosten

Mit Wahlcomputern sollen Kosteneinsparungen erziehlt werden, weil es immer schwieriger wird, Wahlhelfer zu finden (was sicherlich auch mit der um sich greifenden Politikverdrossenheit zu erklären ist). Diese Wahlhelfer bekommen eine Aufwandsentschädigung für Ihre Tätigkeit, die es zu bezahlen gilt. Die Kosten pro Wahlcomputer betragen ca. 4500,- Euro [QUELLE?]. pro Wahllokal werden mindestens zwei dieser Wahlcomputer benötigt. Mit diesem Geld lassen sich sicherlich eine ganze Menge Wahlhelfer bezahlen.

Man bräuchte eine genaue Zahl der eingesparten Wahlhelfer und deren Kosten, um den Break-Even-Point zu errechnen [RECHERCHIEREN]. Was man jedoch ohne Zahlen bereits sagen kann, ist, dass sich das erst mit mehreren Wahlen ausgleichen kann. Die meisten Landtagswahlen sind zeitlich versetzt, so dass man sich hier von Bundesland zu Bundesland die Geräte ausleihen (mieten) und sich die Rentabilität schneller einstellen könnte. Bei der kommenden Bundestagswahl würde jedoch jedes Land mit Wahlcomputern ausgestattet sein müssen, so dass man hier sowieso wieder entsprechende Investitionen tätigen muss. Aus diesem Grund wird man hier sicherlich keine Wahlcomputer flächendeckend einsetzen.

Gleichzeitig finden auch Europawahlen statt, jedoch sind Wahlcomputer in anderen Ländern glücklicherweise zu Recht verboten. In den Niederlanden z.B., dem Heimatland der Nedap Wahlcomputer wurden die Wahlcomputer aus Sicherheitsgründen wieder abgeschafft.

Dort konnte übrigens auch festgestellt werden, dass die Kosten für die letzten Wahlen von ursprünglich 1,6 Mio Euro bei herkömmlicher Papierwahl auf 2,7 Mio Euro bei Computerwahl gestiegen sind [QUELLE: wir-vertrauen-wahlcomputern-nicht.nl?].

Ein weiterer Punkt ist die oben schon erwähnte langwierige Auszählung der Stimmen, die in einigen Bezirken schonmal mehrere Tage dauern kann. Die Ämter stehen in dieser Zeit nicht zur Verfügung und es wird ausgerechnet, dass die Kosten für diese Zeit immens sind (Anzahl Beamter mal Ausfallzeit).

Die Sache ist jedoch die, dass diese Beamten in der Zeit ja nicht untätig sind, sondern für die Demokratie arbeiten und Stimmen auszählen (wenn dies überhaupt durch Beamte und nicht reguläre Wahlhelfer getan wird). Falls dadurch andere Sachen liegen bleiben, lassen die sich nachholen. Wenn ein Polizist auf Streife ist und nicht im Amt zur Verfügung steht, redet man ja auch nicht von einem Ausfall.

Und natürlich ist es eine Sache der Planung, diesen voraussichtlichen Ausfall vorher anzukündigen. Für tatsächlich dringende und wichtige Angelegenheiten steht in jedem wichtigen Amt ein Notfalldienst zur Verfügung [PRÜFEN].

Die Landtagswahlen stehen alle fünf [PRÜFEN] Jahre an, da kann man es sicherlich verschmerzen, wenn ein Amt zwei, drei Tage nicht erreichbar ist, vor allem, wenn es um ein solch wichtiges Thema wie die Ausübung eines Grundrechtes geht.

Briefwahl

Die Briefwahl, die als Alternative zur Computerwahl oft genannt wird, ist nur ein Notbehelf zur echten Wahl. Zu viele Unwägbarkeiten gibt es zu beachten, angefangen von der Post bis zum Amt, in dem die Briefwahlunterlagen in eine Urne geworfen werden. Überall können die Dokumente ausgetauscht und durch gefälschte Briefwahldokumente mit genehmerem Inhalt ersetzt werden.

Ein Angriff sähe beispielsweise so aus, dass jemand mit Zugriff auf die Briefpost sich der Briefwahlumschläge annimmt und einige derer durch die gleiche Anzahl eigener (mitgebrachter) Dokumente ersetzt.

Weiterhin birgt die Briefwahl das grundsätzliche Problem, dass die Wahl nicht unbedingt geheim ist und dadurch sogar Stimmenkauf möglich ist, indem ein Wähler seinem Geldgeber den ausgefüllten Wahlzettel zeigt.

Niemand kann sicher sein, dass der Wähler selbst gewählt hat, oder ob nicht ein Familienmitglied den Wahlzettel ausgefüllt hat.

Die Briefwahl ist daher keine demokratische Alternative zur Computerwahl.

Lösungsansätze

Der Hamburger Stift ist gar kein schlechter Ansatz: Es werden mit einem echten kugelschreiberähnlichem Stift ein echtes Kreuz auf einen echten Wahlzettel gemacht. Diese Wahlzettel können und müssen ausgezählt werden und nur diese Auszählung ist als amtliches Ergebnis festzustellen (das ist der große Unterschied zum derzeitigen Verfahren: Die elektronische Zählung gilt, daher bräuchte man eigentlich auch nicht mehr die Stimmzettel auszählen, wenn die am Ergebnis nichts ändern können). Die elektronische Auswertung kann direkt nach der Schließung der Wahllokale als vorläufig abgegeben werden und fließen in die ersten Hochrechnungen ein, so dass auch ein schnelles erstes Ergebnis gegeben ist, das bereits hinreichend genau ist, sich aber im Laufe der physikalischen Auszählung noch Ändern kann.

Gemeinden, die heute schon per Wahlcomputer wählen lassen, sollten Bürgern die Möglichkeit bieten, Briefwahlunterlagen anzufordern und diese Persönlich am Wahltag in eine bereitgestellte Urne zu werfen, wo sie im Blickfeld aller sicher vor Manipulation ist. Dadurch wäre eine Aussage darüber möglich, ob die Wahl per Wahlcomputer von der Bevölkerung angenommen wird.

Letzten Endes gibt es noch die Möglichkeit, dass ein Wahlcomputer die gewählte Stimme ausdruckt, so dass der Ausdruck für den Wähler verifizierbar ist und dieser Ausdruck letzten Endes in der Wahlurne landet. Die Zählung des Wahlcomputers ist daher die erste schnelle Hochrechnung, das offizielle Ergebnis wird durch die Handzählung festgestellt.

Dieses Verfahren hätte zudem den Vorteil, dass diese Stimmzettel womöglich auch Maschinell wiederum eingelesen/eingescannt werden könnten, um die Handzählung zu vereinfachen.