LiquidFeedback/Themendiskussion/403

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Die beschlossene Initiative

Der Bundesvorstand möge als Positionspapier und Meinungsbild für die weitergehende programmatische Diskussion beschließen:

Das Kulturgut Buch in einem globalisierten und zunehmend immateriellen Markt

Das flächendeckende Angebot von Büchern ist ein unverzichtbarer Bestandteil von Bildung und Kultur in der Gesellschaft. Die Sicherstellung dieses Angebots obliegt lokalen Buchhandlungen ebenso wie öffentlichen Büchereien, die dazu befähigt werden müssen, ihren Bestand ständig zu erweitern und auch aktuelle Bücher für ihre Nutzer bereitzuhalten. Ohne solche flächendeckenden Strukturen der Versorgung mit Literatur wird es auch den Bildungseinrichtungen erheblich erschwert, den Umgang mit Literatur im Rahmen der Vermittlung von Medienkompetenz zum Inhalt ihrer Arbeit zu machen.

Buchpreisbindung

In der Vergangenheit sorgte die im deutschsprachigen Raum noch weitgehend bestehende Buchpreisbindung für ein dichtes Netz an Buchhandlungen und trug so zur gesicherten Versorgung mit Literatur bei. Diese Buchpreisbindung sorgt indes nur für einheitliche Endverbraucherpreise. Eine Bestimmung, dass Wiederverkaufsrabatte sich »nicht allein am mit einem Händler erzielten Umsatz ausrichten« dürfen, ist in den sich entwickelnden Marktverhältnissen nicht mehr durchsetzbar. Der flächendeckende Buchmarkt wird durch aggressive reine Buchhändler ebenso bedroht wie durch Konzerne, die vom Lektorat über die Buchproduktion bis zum Handel die ganze vertikale Produktions- und Vertriebskette abdecken.

Lokale Büchereien und ortsungebundene Vertriebsformen

Das Auftreten neuer ortsungebundener Vertriebsformen kann zwar sicherstellen, dass flächendeckend Bücher erworben werden können, sind aber für die Beratung der Verbraucher nicht geeignet. Gleichzeitig ist durch die Finanzprobleme der Kommunen die Verfügbarkeit von aktuellen Büchern in den öffentlichen Büchereien ernsthaft bedroht. Damit droht dem Kulturgut Buch Marginalisierung und Beschränkung der Angebotsvielfalt, denn gerade kleine Verlage und Bücher mit zu erwartender geringer Auflage drohen dieser Entwicklung zum Opfer zu fallen; dem werden auch die sich wesentlich vereinfachenden Möglichkeiten elektronischer Publikation nur wenig entgegensetzen können, denn das Kulturgut Buch lebt eben auch von der Möglichkeit, es in die Hand nehmen und darin schmökern zu können.

e-Books

Die überkommene Buchpreisbindung hatte auch den Sinn, dass Verlage die Produktionskosten im Rahmen einer Mischkalkulation zwischen Bestsellern und Büchern mit geringer Auflage besser verteilen konnten. Durch elektronische Produktion und immateriellen Vertrieb sinken diese Kosten drastisch.

Gleichzeitig haben sich die Preis-Anteile des Buchpreises in den letzten Jahren von der Autorenvergütung und den technischen Produktionskosten hin zu Vertriebsaufwendungen und Verwaltungs-Overhead verlagert.

Wie einer marktkannibalistischen Entwicklung begenen?

Aus der Beschreibung der Entwicklungen und der auftretenden Probleme wird unmittelbar deutlich, dass eine unveränderte Weitergeltung der überkommenen Buchpreisbindung nicht hilft, das Kulturgut Buch zu erhalten und zu fördern. Aber auch die Aufhebung der Preisbindung wird durch die Freisetzung marktkannibalistischer Kräfte im wesentlichen nur zur Herausbildung oligopolischer Strukturen und damit zu einem letztlich defekten Markt führen. Für den Vertrieb immaterieller Formen von Literatur scheint indes eine Preisbindung nicht gerechtfertigt.


Die Piratenpartei sieht sich daher veranlasst, auf der Basis dieser Überlegungen ein zukunftsweisendes Konzept für die flächendeckende Versorgung mit Literatur zu erarbeiten. Das Konzept soll die örtliche Erreichbarkeit von Literatur ebenso sicherstellen wie flächendeckende Vertriebsformen. Ein besonderes Augenmerk ist auch der notwendigen Beratung und der Vermittlung von Medienkompetenz zu widmen.

Diskussion

Die Initiativen

  1. Das Kulturgut Buch
  2. Buchpreisbindung erhalten und modernen Gegebenheiten anpassen
  3. Außnahme für eBooks bei der Buchpreisbindung einführen
  4. Buchpreisbindung abschaffen

Einige Fragen aus der Sicht des Buchkonsumenten

Hallo etz, gerne beantworte ich deine Fragen so gut ich kann. Ich bin selbst auch kein Experte, habe mich aber im Rahmen der Initiativen ein bischen in das Thema eingelesen und hoffe ich kann helfen, meine Ansicht etwas besser dazustellen. Die Einführung von eBooks ist vergleichbar mit der Einführung der mp3 in Zeiten der Schallplatte: Die Angst ist groß - Die Folgen sind großartig! --DelphiN

  • Sehe ich es richtig, dass die Grundlage der Regulierung des Buchmarktes darin besteht, dem Konsumenten nicht nur eine flächendeckende Versorgung mit Literatur zu sichern, sondern auch eine qualifizierte Beratung über die jeweils gewünschten Bücher (z.B. auch als Geschenk!)? --etz 13:02, 6. Sep. 2010 (CEST)
    • Ich denke nicht, das eine flächendeckende Beratung im Vordergrund stand, als man die Buchpreisbindung eingeführt hat. Sicher ist das aber ein wichtiger und schöner Nebeneffekt. Leider garantiert die Bpb noch lange keine Beratung und schon gar keine gute. Kauft man beispielsweise ein deutsches Buch bei Amazon z. B. auf Grund einer Empfehlung von anderen Amazon-Kunden, muss man den selben Preis bezahlen wie in dem kleinen Buchladen um die Ecke, die sich einen persönlichen Berater leisten. Auch kann der kleine Buchladen nicht den Preis für das Buch erhöhen, sozusagen einen Berateraufschlag verlangen, auch das verhindert die Buchpreisbindung meines Wissens nach. Beratung hat also nur sehr wenig mit BPB zu tun. --DelphiN
    • Primär geht es nicht um die Sicherung von Beratung, sondern um den Erhalt einer flächendeckenden Versorgung mit Büchern - also auch kleinen Buchhandlungen auf dem Land etc. Die qualifizierte Beratung spielt in dem Kontext eher als Unterscheidungsmerkmal eine Rolle. Da die Buchpreise gebunden sind, ist Beratung für Buchhandlungen eine Möglichkeit, sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Verlage sollen bei der Einkaufsrabattierung berücksichtigen, was für Service die Buchhandlungen leisten - damit nicht nur die großen Ketten, die große Mengen kaufen, gute Rabatte bekommen. Mit dem Verkaufspreis an den Endkunden hat das aber nichts zu tun. --Gefion
  • Wie bewerten die Initiatoren dann das Verhalten der Buchdiscounter, die keine Beratung bieten? --etz 13:02, 6. Sep. 2010 (CEST)
    • Irrelevant, da, wie bereits oben geschrieben, die Beratung nur für den Händlereinkaufs-, nicht aber für den Verkaufspreis eine Rolle spielt. Beratung ist nicht Ziel der Buchpreisbindung. --Gefion
    • Ich persönlich bin jemand, der nicht wirklich gern ein Beratungsgespräch führt - ich denke mir persönlich fehlt da (sicherlich nicht immer begründet) das Vertrauen in die Kompetenz des Beraters. Ich informiere mich vor einem Kauf meist im Internet. Letztendlich liegt die Entscheidung doch bei Jedem selbst ob er sich beraten lassen will oder etwas von der Stange kauft. Bei Fotoapparaten gibt es z.B. auch keine Preisbindung. Jeder muss selbst entscheiden ob er seine Kamera in einem speziellen Fotogeschäft kauft und damit dafür sorgt, dass er "auch morgen noch" eine gute Beratung bekommt, oder ob er einfach das Super-Angebot aus dem MediaMarkt mitnimmt. Das Argument der Beratung trifft letztendlich auf alle Einzelhandels-Artikel zu. Warum sollte es für Bücher eine Ausnahme geben? --DelphiN
  • Wie bewerten die Initiatoren dann das Verhalten der Buchdiscounter, die auch in der Praxis nicht bereit sind, im Sortiment nicht vorhandene Bücher über die Buchgrossisten zu beschaffen? --etz 13:02, 6. Sep. 2010 (CEST)
    • Saturn führt auch keine Linux-Computer, die Bar um die Ecke keinen guten Wiskey und Aldi keine Fair-Trade-Artikel. So ist das leider in der freien Marktwirtschaft - der Kunde und nicht der Gesetzgeber entscheiden! In anderen Ländern funktioniert das auch für Bücher scheinbar recht gut. --DelphiN
    • Letztlich ist es Sache jeder einzelnen Buchhandlung, ob und wie sie Besorgungsgeschäfte macht. Mit einem oder mehreren Großhändlern arbeitet eigentlich jede Buchhandlung zusammen. Diese Großhändler decken zwischen 95% und 98% der Bedarfes. Jedes Buch, dass sie nicht haben, muss über den Verlag bezogen werden - und hier liegt genau das Problem. Bestellungen beim Großhändler folgen einem festen Ablauf, werden grundsätzlich über Nacht geliefert und erzeugen wenig Zusatzkosten. Bei Bestellungen beim Verlag sieht das anders aus. Die Lieferzeit kann bis zu sechs Wochen dauern, wenn nur Einzeltitel bestellt werden, fallen relativ hohe Versandkosten an - häufig ist dadurch die Beschaffung (gerade für kleine Buchhandlungen, die eben nur Einzeltitel bestellen) teurer als der Verkaufspreis. Diese Preisdifferenz kann durch die Preisbindung nicht an die Kunden weitergegeben werden. Eben weil das so ist, tun es viele Ketten nicht (obwohl es für sie deutlich einfacher wäre) und überlassen es den kleinen Buchhandlungen, Kunden mit exklusiveren Wünschen zu versorgen - und sich dabei letztlich selbst zu ruinieren. Ohne Buchpreisbindung würden solche Bücher aber gar nicht mehr zugänglich - eben weil es Niemanden mehr gäbe, der sie besorgen würde. Das beschriebene Problem ist wieder nicht ein Problem des Buchpreisbindungsgesetzes, sondern der Umsetzung und der Marktdiktatur der großen Ketten. --Gefion
  • Wie bewerten die Initiatoren die Chance sich im internetbasierten Buchhandel beraten zu lassen? --etz 13:02, 6. Sep. 2010 (CEST)
    • Noch einmal: Die Beratung im Fachgeschäft ist kein Faktor Pro oder Contra Buchpreisbindung. Natürlich kann man Rezensionen lesen und sich online informieren - das tun die Buchhändler ja auch selbst! Niemand kann erwarten, dass in einer Abteilung mit 5000 belletristischen Titeln jedes einzelne gelesen wurde - von Sach- oder gar Fachbüchern ganz zu schweigen. Was Fachberatung vor Online-Rezensionen auszeichnet ist ein grundsätzliches Hintergrundwissen von ausgebildeten und erfahrenen Buchhändlern - über Autoren, Titel, Zusammenhänge. Natürlich kann man das Alles auch googlen. Letztlich ist es Geschmacksfrage, welche Art Beratung man möchte oder nicht - hat aber, immer noch, mit der Preisbindung nichts zu tun. --Gefion
    • Ich kaufe schon seit Jahren die meisten Unterhaltungsartikel (Elekttronik, CDs und Bücher) im Internet. Die Möglichkeiten "beraten" zu werden sind riesig: Rezensionen bei Amazon, in Blogs oder Fachzeitschriften; Empfehlungen durch Freunde und Bekannte; Künstliche Intelligenzen, die anhand der Bewertungen der bereits gelesenen Bücher bereits sehr gut (und in Zukunft noch viel besser) Empfehlungen abgeben können; Buch- und Lese-Clubs; persönliche Empfehlungen in Buch-Fan-Foren usw. Die Suche nach dem passenden Buch (oder sonstigem Artikel) ist etwas anstrengender als einfach einen so genannten "Fachmann" zu fragen. Meiner Erfahrung nach lohnt sich aber der Mehraufwand, denn die Summe mehrerer "Beratungsmölichkeiten" ist am Ende viel kompetenter als eine einzelne Person. --DelphiN
  • Wie soll der Konsument im Falle einer Aufhebung der Buchpreisbindung von neuen Büchern aus kleinen Verlagen erfahren und sich über dieses Angebot beraten lassen? --etz 13:02, 6. Sep. 2010 (CEST)
    • Genauso wie man heute von No-Name-Bands höhrt: Eigene Werbung; Virales Marketing; Mund zu Mund-Propaganda ect.; Intelligente Empfehlung-Plattformen wie last.fm oder Amazon. usw. Wegen Beratung siehe oben. --DelphiN
    • Hier muss ich auf DelphiN eingehen: Eben das ist ja das Problem! Das Internet ist nicht die Welt! Sicher lässt sich online leicht eine Werbekampagne für einen No-Name-Verlag mit einem neuen Autoren machen. Und man kann das Buch dann auch toll über die Website des Verlages kaufen. Aber ohne Buchpreisbindung wird langfristig a) niemand in einem Buchladen dieses Buch finden, weil es einfach nicht geführt wird und b) niemand je davon erfahren, weil es die "Großen" nun mal einfach nicht interessiert. Wenn man das Internet als den Nabel der Welt betrachtet - ja, dann mag das kein Problem sein. Wenn man aber jenseits des Netzes Erfolg haben will, ist die Preisbindung eine Grundbedingung für die Möglichkeit! --Gefion
  • Wie soll der Konsument im Falle einer Aufhebung der Buchpreisbindung nach einer Verlagerung des kleinteiligen Angebots aus traditionellen Verlagen in die Selbstedition eine vertrauenswürdige Einschätzung des Angebots finden können? --etz 13:02, 6. Sep. 2010 (CEST)
    • Siehe oben: Jenseits des Internets nahezu unmöglich. --Gefion
    • Siehe oben: Wahrscheinlich müssen sich die Verlage dann halt etwas mehr ins Zeug legen. Bringt eine kleine Firma einen neuen MP3-Player auf den Markt, müssen sie auch schauen, wie Sie das Angebot unter die Leute bringen. Zum Glück ist die "Produktion" von eBook hier deutlich einfacher. Mit Print-On-Demand und ePublishing ist eine Veröffentlichung heute schon so einfach und günstig, das es selbst für das kleinste Nischenbuch funktioniert. Diejenigen, die unbedingt ein Buch in Papierfom haben wollen, sollen es sich halt extra drucken lassen und dafür bezahlen. --DelphiN
  • Welche Folgen sehen die Initiatoren bei einer weiteren Verbreitung von e-Books für Verfügbarkeit der Literatur und für die Beratung der Konsumenten? --etz 13:02, 6. Sep. 2010 (CEST)
    • Quasi alle Bücher der Welt werden quasi für Jeden, der über ein entsprechenden Gerät (PC, Handy) mit Internetanschluß verfügt, direkt verfügbar sein. Ob Bestseller oder absolutes Spezialthema - alles steht per Knopfdruck bereit. Schon jetzt gibt es in vielen Städten so genannte "espresso book machine", die einem ein Buch auf Wunsch in unter 10 Minuten drucken und binden während man einen Kaffee trinkt. Damit wird die Verfügbarkeit quasi perfekt. Wenn die kleinen Buchläden ihre alten verstaubten Schinken rausschmeißen und sich so eine Maschine zulegen, haben auch sie auch in Zukunft eine Chance. Die Verfügbarkeit ist also zusagen "ideal". Den Punkt Beratung habe ich, denke ich, weiter oben schon zur Genüge abgehandelt: Wer Beratung will soll auch dafür bezahlen und wer bereit ist zu bezahlen wird auch Beratung bekommen! --DelphiN
    • EBooks sind noch nicht so massentauglich, wie sie gern dargestellt werden. Auch bei Weitem noch nicht so weit verbreitet. Sicher liegt darin ein Teil der Zukunft: Aber nicht die ganze Zukunft. Bücher werden nicht aussterben oder obsolet, nur weil es EBooks gibt. Ebooks sind gerade für ältere Titel wichtig, hier erhöhen sie merklich die Verfügbarkeit - allerdings bislang meist in miserabler Qualität - grobe Scans mit schlechter Schrifterkennung, seitenweise unlesbar, sind keine Ausnahme. Die Verfügbarkeit erhöhen sie, ja. Die Qualität aber nicht. Mit der Beratung hat dies - erneut - nichts zu tun. --Gefion
  • Welche Maßnahmen sind ohne Buchpreisbindung erforderlich, um dem Kulturgut Buch einen Platz in der Gesellschaft und seine Erreichbarkeit für die Konsumenten zu sichern? --etz 13:02, 6. Sep. 2010 (CEST)
    • Staatliche Buchhandlungen in Kleinstädten, die nicht gewinnorientiert arbeiten müssen? Kostenlose Computer mit Netzzugang und Hilfe bei der Bedienung von Amazon für jeden, der keinen Computer hat oder bedienen kann? In meinen Augen ist die Buchpreisbindung - konsequent umgesetzt - das beste Mittel, um eben diese Versorgung zu gewährleisten. Es braucht keine Alternative. Nur Konsequenz und etwas Rückgrat bei der Umsetzung. --Gefion
    • Wie oben schon erwähnt wird sich durch die Digitalisierung die Verfügbarkeit und damit auch die Erreichbarkeit in der Gesellschaft drastisch verbessern. Das Einzige, das wirklich nötig ist um zu verhindern, das es zu einer Unterversorgung des Kultur- und Wirtschaftsgut "Buch" kommt, ist zu ermöglichen, dass Jeder der möchte ein Werk auch publizieren kann und das Jeder der möchte auch die Möglichkeit hat, an ein Buch zu kommen, auch wenn er noch keinen Computer zuhause hat. Da durch das eBook ja nicht von heute auf morgen alle Buchläden aussterben, seh ich keine Gefahr. MP3 hat ja auch nicht zu einer Unterversorgung im Bereich Musik geführt - auch wenn kaum noch jemand Schallplatten verwendet. Ein wunderbar analoges Beispiel übrigens! --DelphiN

Verwiesen sei noch auf den Blogbeitrag von Pego. Ein weiteres Beispiel: Der zu einem multiplen Hagener Handelskonzern gehörende Buchdiscounter Thalia fiel kürzlich mit rüden Methoden in Österreich auf, wie Spiegel-Online berichtete. --etz 14:12, 7. Sep. 2010 (CEST)

  • Vor dem Hintergrund der hier geschilderten Entwicklung: Reicht die Buchpreisbindung aus, eine qualifizierte flächendeckende Beratung und Versorgung mit dem Kulturgut Buch sicherzustellen? Welche Position nehmen die Initiatoren zu dieser Entwicklung ein und in welcher Weise ist das in den eingestellten Initiativen berücksichtigt? --etz
    • Die unfairen und teilweise sogar illegalen Methoden von koruppten Konzernen kann man nicht dulden und sollten verfolgt werden, falls sie gegen das Recht verstoßen. Wenn Leute aber lieber Bücher im Großmarkt von Wühltischen oder per Versand kaufen anstatt in einem netten Buchladen mit wenig Auswahl, aber netter Beratung ist das vielleicht schade aber nun mal ihre Entscheidung. Die fragwürdigen Methoden von einigen Firmen haben schlichtweg nichts mit der Buchpreisbindung zu tun. --DelphiN
    • Die Buchpreisbindung allein wird nicht ausreichen - nicht, wenn sie weiter so untergraben wird, wie dies derzeit der Fall ist. Darum plädiere ich in meiner Initiative auch für eine Modernisiserung der Regelungen. Das Gesetz, wie es ist, könnte (abgesehen von den Regelungen für EBooks, die es bislang nicht gibt) den Markt durchaus adäquat regeln. Dafür muss aber konsequent unterbunden werden, was Pego in seinem Blogeintrag so treffend schildert: Das die Preisbindung an vielen Stellen und von einigen großen Konzernen immer wieder und immer weiter untergraben wird. Wie konkrete Neuregelungen aussehen könnten, weiß ich noch nicht. Aber die Initiative soll bislang nur ein Meinungsbild einholen - wenn Bedarf besteht, konkrete Pläne und Ideen auszuarbeiten, stehe ich - wie sicherlich auch einige andere - dafür selbstverstänlich zur Verfügung. --Gefion

Problembeschreibung und Thesen

von Pirat etz

Wenn ich mir die Initiativen und die Antworten auf dieser Diskussionsseite ansehe, dann ergeben sich für mich einige Schlussfolgerungen:

  • Die Regulierung des Buchmarktes mit vorgegebenen Wiederverkaufsrabatten und festgesetzten Endverbraucherpreisen ist nur ein Element in der derzeitigen Versorgungssituation mit dem Kulturgut Buch. Diese beiden Bestandteile sind zudem strukturell bedroht, weil aggressive und marktstarke Handelsfirmen die Abgabepreise der Verlage unter Druck setzen und zugleich die Verbraucherpreise zu unterlaufen versuchen.
Es gibt keine "vorgegebenen Wiederverkaufsrabatte". Nicht einmal Richtwerte. Nur §6.1 Des BuchPrG: "Verlage müssen bei der Festsetzung ihrer Verkaufspreise und sonstigen Verkaufskonditionen gegenüber Händlern den von kleineren Buchhandlungen erbrachten Beitrag zur flächendeckenden Versorgung mit Büchern sowie ihren buchhändlerischen Service angemessen berücksichtigen. Sie dürfen ihre Rabatte nicht allein an dem mit einem Händler erzielten Umsatz ausrichten." Den Rest (den Druck der Marktriesen und das Unterlaufen der Endverkaufspreise) siehst du ganz richtig. nicht signierte Anmerkung von Gefion
Dann hatte ich Dich falsch verstanden. Danke für die Korrektur! --etz 22:45, 14. Sep. 2010 (CEST)
  • Eine weitere Gefährdung geht davon aus, dass sich Unternehmen ausbreiten, die die vertikale Gliederung des Marktes unterlaufen (nur als ein Beispiel: Weltbild-Verlag mit großen Buchhandelsfirmen).
Das Problem ist eher, dass diese Ausbreitung schon vorhanden ist. Die betreffenden Unternehmen haben einfach eine kritische Größe erreicht - die verlage können nicht ohne sie, daher können sie Druck ausüben. Ein Gedanke, den es in der Branche schon länger gibt: Die Ketten können auch nicht ohne die Verlage (und die haben auch nichts davon wenn die Preisbindung unterlaufen wird). Leider haben hier die Verlage noch nicht genug Mumm einfach mal zu trotzden. (Ja, Weltbild ist einer davon, deutlich stärker (oder schlimmer) ist aber Thalia. Bei Weltbild arbeite ich, btw.) Gefion
Der Unterschied zwischen Thalia und Weltbild scheint mir der zu sein, dass Thalia ein (reiner) Buchhändler ist, während Weltbild (hier auch verlinkt wegen des Hintergrundes der Gruppe) auch das Verlagsgeschäft betreibt. In diesem Punkt ging es mir um die vertikale Untergliederung des Marktes (Verlag – Grossist – Einzelhandel). Diese vertikale Gliederung wird von Weltbild ebenso überwunden wie von der Bertelsmann-Gruppe mit ihren Verlagen und Buchclubs, wenn auch der jeweilige Schwerpunkt noch immer auf einer Seite dieser vertikalen Gliederung liegt. Holtzbrinck hat sich ja WIMRE von seinen Buchclubs zwischenzeitlich getrennt. --etz 00:08, 15. Sep. 2010 (CEST)
  • Die Gefährdung des Kreativpotenzials durch Beschneidung der Autorenhonorierung ist an anderer Stelle Thema.
  • Die schiere örtliche Verfügbarkeit eines Buchladens ist durch internetbasierte oder traditionelle Versandhändler von geringerer Bedeutung für die Verbreitung von Büchern. Die entscheidende Bedeutung liegt meiner Meinung nach in der möglichen Beratung, wenngleich das – wie Gefion zu Recht geschrieben hat – nicht das Leitmotiv für die Marktregulierung ist.
Und wieder muss ich Dir leider widersprechen: Gerade die ortliche Verfügbarkeit ist Sinn und Zweck der Buchpreisbindung. (§1 BuchPrG "Das Gesetz gewährleistet zugleich, dass dieses Angebot für eine breite Öffentlichkeit zugänglich ist, indem es die Existenz einer großen Zahl von Verkaufsstellen fördert.") Regionale Buchläden sind ebenso Verkaufsstellen wie Versand- und Onlinehändler. Und sie /alle/ werden durch die Preisbindung geschützt, eben weil sie über Verkaufspreise nicht in Konkurrenz treten können. Gefion
Ich habe hier prospektiv und nicht retrospektiv argumentiert. Richtig ist, dass die Beratung für die Entstehung der Buchpreisbindung geringe Bedeutung hatte. Ich sehe für die zukünftige Entwicklung allerdings die größere Bedeutung in der Beratung als in der regionalen Präsenz. --etz 00:08, 15. Sep. 2010 (CEST)
Findest du es richtig, dass jeder der irgendwo (z.B. bei Amazon) ein Buch kauft die (teilweise vielleicht sogar halbwegs gute) Beratung in irgend einem kleinen Buchladen mitfinanzieren muss? Wäre es nicht viel fairer, wenn der kleine Laden für deine Beratung einen kleinen Aufpreis verlangen würde/dürfte? --DelphiN 17:04, 16. Sep. 2010 (CEST)
  • Die Gefahr für die Vielfalt des Angebots geht auch davon aus, dass kleinere Verlage aus dem Markt der gedruckten Bücher verdrängt und in die Publikation von e-Books und Books on demand gedrängt werden.
Die Gefahr ist nicht, dass kleinere Verlage auf eBooks umsteigen müssen. Die Gefahr ist, dass kleine Verlage langfristig überhaupt keine Überlebenschance mehr haben, weil es ohne Buchpreisbindung nur noch Riesen gibt: Im Verkauf an Letztabnehmer ebenso wie in der Produktion. Würde im Endeffekt bedeuten: Was nicht Mainstream ist, ist nicht mehr rentabel. Books on demand ist, nebenbei bemerkt, ein Konzept das hiermit nur sehr begrenzt zu tun hat. Ich weiß von keinem Verlag der je in "Books on demand /gedrängt/" wurde. Gefion
  • Die Summe dieser Gefahren liegt in der weiteren Spaltung der Gesellschaft in Schichten, die sich Zugang zu Literatur verschaffen können, und in Schichten, die den Zugang zu Literatur nicht erlangen können, weil die zu überwindende Hürde für sie zu hoch geworden ist.
Diese Spaltung kann ich offen gestanden nicht erkennen. Vor allem die von Dir angedeutete "Hürde" ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Meinst Du, dass wenn es Bücher nur noch online gibt, diejenigen ohne Internetanschluss benachteiligt sind? Gefion
Ich sehe hier nicht nur eine technische Hürde. Ich sehe hier auch eine Hürde mangelnder Vertrautheit mit dem Medium Buch und mangelnder Neugier. Das mag sich jetzt sehr vergeistigt anhören, vielleicht auch ein wenig nach »früher war alles besser«, aber eine Gefahr sehe ich hier schon. --etz 00:08, 15. Sep. 2010 (CEST)
Die Gefahr, dass es ohne Buchpreisbindung keine (bezahlbaren) Bücher mehr gibt ist genauso wiederlegt wie die Angst, das die Audiokassette die Musikproduktion vernichtet. Bei beidem ist das Gegenteil der Fall. Andere/umliegende Länder sind sehr gute Beispiele dafür --DelphiN 17:04, 16. Sep. 2010 (CEST)

Mir scheint ein einfaches »Weiter so mit der Buchpreisbindung« wenig geeignet, dieser Konstellation angemessen zu begegnen. Insofern möchte ich vor der marktradikalen "Weg mit der Preisbindung"-Position ebenso deutlich warnen wie vor einem perspektivlosen Festhalten an den festen Endverbraucherpreisen.

Man könnte versuchen, mit einer noch differenzierteren Wettbewerbsaufsicht solchen Tendenzen entgegen zu wirken. Oder man könnte darüber nachdenken, ob eine Differenzierung bei der Umsatzsteuer beratungsintensiven Buchhandel stärken und reine Buchdiscounter beschränken könnte (ganz problematisch, ich weiß!). jedenfalls scheint mir Kreativität weit zwingender gefragt zu sein, als das bei den gegenwärtig vorhandenen Initiativen aufscheint.

Wenn wir das jetzt noch in eine beschließbare Initiative fügen könnten, dann hätten wir die Chance jedenfalls zu dokumentieren, dass wir das Problem verstanden haben. --etz 20:19, 14. Sep. 2010 (CEST)

Meine Initiative fordert keineswegs ein "Weiter so mit der Buchpreisbindung", Wie der Titel ("modernen Gegebenheiten anpassen") schon sagt. Natürlich muss das Gesamtkonzept gründlich überdacht werden - wobei es für mich, nach wie vor, nicht am Konzept scheitert (denn die Grundidee ist gut), sondern an der Umsetzung. Hier besteht eindeutiger Handlungsbedarf - über den (und eine entsrechende Initiative / Antrag) wir uns Gedanken machen werden, sobald das Meinungsbild, dass diese Initiativen einholen, vorliegt. Gefion
Vielleicht ist mir nur nicht deutlich genug geworden, wie Du Dir das »modernen Gegebenheiten anpassen« vorstellst. Dann sollte das vielleicht doch ein wenig besser herausgearbeitet werden. Wenn ich Deine Anmerkungen hier betrachte, so scheine auch ich mich vielleicht nicht verständlich genug eingelassen zu haben. Vielleicht gelingt es ja, das noch besser hinzubekommen. Das jedenfalls würde mich freuen – gerade, weil ich glaube, dass die ortsnahe Verfügbarkeit des Kulturguts Buch ein wichtiger Aspekt des kulturellen Lebens ist. --etz 00:08, 15. Sep. 2010 (CEST)
Da hat etz recht: Wie soll die Anpassung an die Gegebenheiten aussehen? Gefions Antrag sieht mir eher nach einem Beibehalt der Preisbindung aus. --DelphiN 17:04, 16. Sep. 2010 (CEST)

Leider sehe ich zur Zeit keine Chance mehr, noch vor dem Einfrieren eine Alternative fertigzustellen, die zumindest eine vernünftige Problemübersicht enthält, ohne dass wir im Moment dafür Lösungen zu liefern vermöchten. So wie die Alternative im Moment aussieht, scheint mir das nicht wirklich Perspektiven aufzuweisen. --etz 17:34, 16. Sep. 2010 (CEST)

von Pirat delphiN

In Zeiten bei denen kostenlose Versandhändler und rein virtuelle Bücher undenkbar waren haben sich Verlagshäuser untereinander abgesprochen und einen einheitlichen Preis für ein Buch festgelegt. Die marktwirtschaftlich geregelte Gesellschaft hat diese große Ausnahme bisher geduldet und sogar Befürwortet weil man die Versorgung der Gesellschaft (besonders in abgelegenen Regionen) mit Büchern voran treiben wollte. Als die EU gegründet wurde wurde richtig erkannt, dass hier eine Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vorliegt und deshalb wurde 2002 der bestehende Vertrag der Verlage einfach in ein Gesetz umgewandelt. Wenn man den technischen und gesellschaftlichen Fortschritt nicht außer Acht lässt ergeben sich für mich folgende Schlussfolgerungen:

  • Die Versorgung mit Büchern ist flächendeckend nicht mehr in Gefahr da die Infrastruktur (kostenlose Postlieferung, fast jeder "auf dem Land" hat ein Auto) mittlerweile stark ausgebaut wurde und mehr als ausreichend ist.
  • Es ist nicht mehr einzusehen warum das klassische Kulturgut Buch den weitaus populäreren Kulturgütern wie Film, Musik und z.B. Theater bevorzugt behandelt wird. (Auch die Aufführung eines Konzertes ist ein klassisches Kulturgut kostet aber NATÜRLICH von Konzertsaal zu Konzertsaal unterschiedlich).
  • Schon jetzt legen eBook schnell an Popularität zu und wenn man sie mit ähnlichen Entwicklungen wie der MP3 oder dem Heimlaserdrucker vergleicht werden sie in den nächsten Jahren die große Mehrheit ausmachen.
  • Durch die Buchpreisbindung gibt er keinen wirklichen Grund ein Buch billig und Ökologisch zu produzieren. Ohne Buchpreisbindung hätten auch kleine, effiziente und lokale On-Demand-Druckereien eine Chance im Markt.

Ich sehe keine Grund warum der Markt für Bücher sich nicht genauso blühend entfalten sollte wie z.B. der Musikmarkt indem es auch keine erlaubten Preisabsprachen gibt. Ich sehe am Horizont wunderbare Visionen wie die Digitalisierung auch den Buchmarkt revolutionieren könnte und damit geradezu eine neue Ära des Buches schaffen könnte. Die gesetzliche Bindung an Absprachen bremsen diese Entwicklungen aufs stärkste und dürfen nicht länger geduldet werden.

Vielleicht müssen wir einige kleine Platten- ahm.. Buchläden aufgeben in denen zugegeben sowieso kaum noch jemand etwas kauft - dafür bekommen wir aber einen florierenden digitalen Buchmarkt indem wahrscheinlich Dinge wie das iTunes für Bücher und kleine On-Demand-Duckereien um die Ecke das Leben erleichtern und die Vielfalt erhöhen.

Wer meine Weltsicht zu "netzlastig" findet und eine staatlich kontrollierte Preisbindung noch bevorzugt sollte wenigstens für eine Ausnahmeregelung für eBooks plädieren damit sich wenigstens dort der Markt frei entfalten kann bis sich die Zeiten für jeden deutlich erkennbar geändert haben.

P.S: Danke JEDEM für die konstruktive Diskussion! Darauf können wir echt stolz sein! Ich habe schon meine konkurrierende Initiatorin angesprochen und angeboten zusammen einen Wahlprogramm Antrag auszuarbeiten wenn das Meinungsbild vorbei ist. Ich denke wir werden eine sinnvolle Lösung finden. -- DelphiN 22:23, 14. Sep. 2010 (CEST)

von Pirat Macm (@zeitweise)

Die Frage ist, was die Intention der Buchpreisbindung ist? Ich würde sagen, es geht um flächendeckende Versorgung. Momentan befinden wir uns natürlich in einer Phase des Wandels und mittel- bis langfristig wird der Markt der digitalen Bücher den traditionellen überflügeln.

Was in der Welt der gedruckten Bücher durchaus die Vielfalt schützen kann (Erfahrungen zur Lockerung der Bindung in beispielsweise England waren eher negativ [1]), würde die Entwicklung eines freien Marktes und größtmögliche Verbreitung im Internet im Gegenteil eher verhindern. Gerade im Hinblick auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und den Streit um das „geistige Eigentum“ würde eine Buchpreisbindung für eBooks wichtige Innovationen blockieren.

Ich bin deshalb der Meinung, man muss hier wie so oft klar zwischen materiellen und immateriellen Gütern trennen und lehne deshalb eine Buchpreisbindung auf eBooks ab.

Macm

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<bitte ergänzen>