Diskussion:Bundesparteitag 2012.1/Geschäftsordnung/Vorschlag Sbeyer

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Parteitagsdebatte

Zu jedem Antrag gibt es nicht nur Pro- und Contra-Argumente der Befürworter oder Gegner eines Antrags sowie persönliche Meinungen und Fragen Dritter; bei jeder Parteitagsdebatte sind bisher noch beobachtbare Tatsachen aufgetaucht, die Befürworter wie Gegener etweder übersehen haben oder schlicht ignorierten. So, wie die Beitragskategorien definiert sind, unterstellt dieser Antrag jedoch, dass die Faktenbasis der Antragsteller bzw. Gegner komplett vollständig ist und deshalb auch nicht mehr ergänzt zu werden braucht; das aber ist nicht nur unrealistisch, sondern mindestens naiv und damit einfach lebensfremd. Jedenfalls in einer sachorientierten Debatte sollte es vor allem Fakten-Beiträge geben, auch und gerade von neutralen Dritten, weil sie Tatsachen weniger verzerrt sehen bzw. darstellen können; so aber, wie er vorliegt, beschränkt der Antrag die Faktenbasis der Debatte von vorn herein auf den Vortrag je eines Befürworters und eines Gegners. Damit stecken die beiden Erstredner das Feld der Debatte ab; ein ergänzender Sachvortrag ist nach Wortlaut des Antrags dann gar nicht mehr zulässig – alle anderen Mitgliedern würde die geänderte GO insoweit einen Maulkorb verpassen. Das Recht, zur Sache zu sprechen, das ist ein individuelles Recht eines jeden Parteitagsmitglieds; das gehört zu den elementaren „demokratischen Grundsätzen“ i.S.d. Art.21 Abs.1 Satz 3 GG. Wie jedes Recht findet dieses Individualrecht seine Grenzen an den Rechten anderer; die GO kann deshalb dieses Individualrecht zwar beschränken (z.B. durch Redezeitbegrenzungen im TOP oder durch „Schließen der Rednerliste“), doch muss dieses Recht zumindest dem Grunde nach als Individualrecht erhalten bleiben. So aber, wie der Antrag lautet, wäre das Recht zum Sachvortrag von vorn herein auf zwei Personen beschränkt; ein Recht aber, das immer nur zwei Leute aus einem gegeben Kollektiv ausüben dürfen, das ist gar kein Individualrecht mehr, sondern das ist – bloß nur noch eine Vertretungsbefugnis, und das kommt so:

Der Antrag sieht ausdrücklich vor, dass der Antragsteller den Pro-Redner bestimmt; der Pro-Redner spricht also nie aus eigenem Recht, sondern spricht stets für den Antragsteller. Der Contra-Redner dagegen soll vom Präsidium bzw. der Versammlung als Ganzes bestimmt werden; auch er spricht also nicht für sich selbst, sondern er vertritt ein Kollektiv. Weiter soll die Reihenfolge der Meinungsbeiträge und Fragen vom Präsidium bestimmt werden, das den Parteitag damit führen könnte am „Informationellen Gängelband“. Vom Individualrecht der Mitglieder, das Wort zu ergreifen, bleibt deshalb nichts mehr übrig – und deshalb ist diese GO-Änderung verfassungswidrig; würden wir sie beschließen, dann wären alle weiteren Beschlüsse von vorn herein nichtig.

Lieber Roguemale, kannst du den kritisierten Passus in meiner GO benennen? Soweit ich weiß, wird hier nichts in Pro und Contra eingeteilt und das individuelle Rederecht nicht beschränkt. --Stephan Beyer 15:06, 24. Apr. 2012 (CEST)

Redezeitkonten

sind nur sinnvoll, wenn sie sich auf Personenmehrheiten beziehen wie z.B. Fraktionen eines Parlaments. Dort wird im „Ältestenrat“ zunächst ausgekungelt, welches Thema wie lang behandelt wird, und dann wird die Redezeit anteilig nach Sitzen auf die Fraktionen aufgeteilt; die Fraktionen bestimmen jeweils, wer ihre Position vertritt. Abgeordnete, die eine andere Ansicht vertreten als ihre Fraktion, sind von dieser Regelung nicht betroffen, denn sie würde die Rechte des einzelnen Abgeordneten unzulässig beschneiden (ein entsprechender GO-Änderungsantrag im Bundestag wurde erst vor Kurzem zurückgezogen). Redezeit-Begrenzungen in Parlamenten beziehen sich immer nur auf einen Tagesordnungspunkt bzw. ein Thema; sie sind nicht für andere TOP gültig und werden dort in jedem TOP einzeln beschlossen. Bezieht sich das Redezeitkonto auf den ganzen Parteitag, also auf alle Beiträge des gleichen Mitglieds, dann ist nicht nur die Länge seiner Beiträge zu den einzelnen Anträgen von einander abhängig, sondern auch, ob er zu einem Antrag überhaupt etwas sagt oder nicht. Wer von einer Sache viel versteht, der muss seine Redezeit aufsparen für Anträge, die ihm besonders wichtig sind; folglich wird er auch dann zu einer Sache schweigen, wenn er sehr wohl einige Argumente aus der Sache heraus beitragen könnte. Ein Gesamt-Redezeitkonto bewirkt das Gleiche wie ein Maulkorb, der immer enger wird; zwangsläufig fließen deshalb vor allem sachfremde Erwägungen in die Behandlung der Anträge ein. Dampfplauderer dagegen, die nur mit emotional überfrachteten Schlagwörtern um sich werfen, die sind durch den Redezeit-Maulkorb gerade nicht behindert; insgesamt ergibt sich durch Redezeitkonten also eine Emotionalisierung der Debatte, durch die der sachliche Gehalt der Beiträge in inhaltslosem Politschwätz untergeht. Durch Redezeitkonten mögen zwar insgesamt mehr Anträge behandelt werden können, aber der einzelne Antrag wird dann in der Sache nicht mehr gründlich diskutiert; vor allem bleibt die Sachargumentation auf der Strecke. Der Antrags-Durchsatz mag so zwar erhöht werden, aber die sachliche Qualität der Entscheidung wird zwangsläufig erheblich vermindert. Redezeitkonten bevorzugen vor allem Leute, die andere emotional manipulieren können, also Demagogen; doch demagogische Fähigkeiten vertragen sich erfahrungsgemäß gerade nicht mich Sachkenntnis – egal auf welchem Gebiet (so erklärt sich die Beratungsresistenz der meisten Berufspolitiker). Andere Leute dagegen, die etwas von der Sache verstehen und aus auch stets aus der Sache heraus argumentieren, diese Leute werden durch Redezeitkonten schnell zum Schweigen gebracht. Zusammengefasst: Wenn individuelle Redezeitkonten eingeführt werden, dann kann von Demokratie keine Rede mehr sein.

In meiner GO gibt es keine Redezeitkonten. Überprüfe bitte, ob du dich auf einen anderen GO-Vorschlag beziehst oder nenne die entsprechenden Absätze. --Stephan Beyer 15:08, 24. Apr. 2012 (CEST)

Ende der Rednerliste

Wenn der Antrag durchgeht, dann hat jedes Mitglied, das noch nicht zur Sache gesprochen hat, damit sein Recht verloren, das Wort zu ergreifen; der Beschluss „Ende der Rednerliste“ greift also in die Rechte der Mitglieder ein. Die individuelle Redefreiheit hat vor allem den Zweck, die Dominanz einzelner „Meinungsführer“ oder (noch wichtiger) Dominanz vorab organisierter Meinungsgruppen zu verhindern, denn sonst wäre ein Parteitag ja gar kein Organ zur Willensbildung mehr, sondern eine reine Propagandaveranstaltung, in der vorab und „hinter den Kulissen“ ausgekungelte Beschlüsse nur noch verkündet werden, ohne dass die Mitglieder des Parteitags sie auch inhaltlich diskutiert hätten. Ein Parteitag darf aber schon von Rechts wegen kein Akklamationsorgan sein, der ganz wo anders schon getroffene Entscheidungen bloß noch abnickt; die individuelle Redefreiheit gehört daher zu den elementaren „Demokratischen Grundsätzen“ des Art.21 Abs.1 Satz 3 GG, und der Beschluss „Ende der Rednerliste“ ist zwangsläufig eine erhebliche Einschränkung der direkten Demokratie. Es mag manchmal unumgänglich sein eine Debatte zu verkürzen, z.B. weil sie gar keine inhaltliche Diskussion mehr ist, sondern nur noch ein Wiederkäuen festgefahrener Standpunkte, oder aber wenn schon alles gesagt ist und die Redner statt dessen anfangen die Versammlung emotional zu manipulieren; leider gibt es aber kein objektives Kriterium für diese Lage, also erfordert der Beschluss eine 2/3-Mehheit. Wer schon zur Sache gesprochen hat oder auf der Rednerliste steht und deshalb gehört werden muss, der hat insoweit ja von seinem Recht Gebrauch gemacht; stellt er dann jedoch den Antrag „Ende der Rednerliste“, dann schließt er damit andere von ihrem Recht aus. Das widerspricht dem elementaren Gleichbehandlungsgrundsatz, also einem der tragenden Säulen jeder Demokratie; die Einschränkung der Antragsbefugnis auf Mitglieder, die noch nicht zur Sache gesprochen haben, ist daher schon aus rechtlichen Gründen unumgänglich – denn sonst wäre die Debatte ja keine demokratische Diskussion mehr, und alle Beschlüsse des Parteitags wären dann von Rechts wegen nichtig. Wird der GO-Antrag jedoch abgelehnt, dann ist keine Einschränkung der Rechte anderer festzustellen; müssen wir den Punkt drei („.. darf sich nicht mehr äussern, ..“) folglich aus dem gleichen Grund streichen. Es ist zwar richtig, dass die Versammlungsleitung nicht immer präsent haben kann, wer alles schon zu einem TOP gesprochen hat, und darum gibt es auch in allen anderen GOs, die ich kenne, den vorrangigen GO-Antrag „Einspruch“, der darauf gerichtet ist eine Verletzung der GO zu rügen; erfahrungsgemäß fällt ein Verstoß irgend einem Mitglied der Versammlung auf, und deshalb ist dieser GO-Antrag absolut vorrangig. Den GO-Antrag „Einspruch“ müssen wir also in die GO noch einbauen; vergessen wir das, dann ist dagegen zu rechnen mit psychotaktischer Manipulation der Rednerliste durch Schmalspur-Demagogen.

Wiedereröffnung der Rednerliste

Diese Manipulation ist aber auch möglich, wenn die Rednerliste wieder geöffnet werden kann; wenn diese Möglichkeit in der GO vorgesehen ist, dann muss der Beschluss genauso eine 2/3-Mehrheit erfordern wie der vorhergehende Antrag auf „Ende der Rednerliste“.

Wahlverfahren

Sammelwahlen, wie wir sie durchführen, sind logisch das gleiche, als ob für jede Alternative in einzelnen Wahlgängen mit Ja oder Nein abgestimmt würde; der letzte Satz („Mehrheiten beziehen sich immer auf die abgegebenen Stimmen.“) müsste deshalb richtig lauten: „Gewählt ist der Kandidat oder die Alternative, auf die oder den die meisten der abgegebenen gültigen Stimmen entfallen, sofern diese Stimmenzahl auch die Zahl der abgegebenen gültigen Stimmzettel übersteigt.“

Geheime Wahl

Die Frage ist bereits gesetzlich geregelt; in § 15 Abs.2 Satz 2 ParteiG heisst es ausdrücklich: „.. kann offen abgestimmt werden, wenn sich kein Widerspruch erhebt.“ Einschränkung des Widerspruchsrechts auf Stimmberechtigte ist daher unzulässig; schon von Rechts wegen kann jeder eine geheime Wahl verlangen, der im Saal anwesend ist.

Definition 2/3-Mehrheit

Zwei Drittel von was? Besser wäre in beiden Fällen die Formulierung: „Zur Annahme einer Änderung oder Ergänzung der Satzung / des Parteiprogramms sind mindestens doppelt so viele abgegebene gültige Ja-Stimmen erforderlich wie abgegebene gültige Nein-Stimmen.

Oliver T. Vaillant 14:07, 21. Apr. 2012 (CEST)