Benutzer:LynX/Demut

Aus Piratenwiki Mirror
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Warum ich gegen die Initiative, Neuwahlen für Berlin zu fordern gestimmt habe…
… und warum ich denke, dass die Piraten erst ihre Hausaufgaben erledigen müssen, um Wahlen gewinnen zu können, und welche diese sind.

Fabio, ich weiss nicht wie sich das aus der Warte eines Abgeordneten anfühlt, aber ich denke so von der Straße aus, in der Frühlingssonne flanierend, sähe es für die Piraten bei Neuwahlen janz düster aus.

Wowi ist längst gegen allen Wahnsinn immun, würde bestenfalls einige Prozente an die Diepgen-Fraktion abgeben müssen, welche dann noch mehr Einfluss erhält und langfristig wieder Aussicht auf Bürgermeisterehren haben kann. Die Grünen würden ohne ihre "Führungsfigur" von 2011 auch wieder mehr Zustimmung ernten, somit bleiben für die Piraten nur noch Krümel übrig, die einen Wiedereinzug unwahrscheinlich machen. Strahlkraft ist uns derzeit nicht zuzusprechen.

Nicht nur die externen Prämissen für eine Wiederholung des Wunders von 2011 sind miserabel, auch intern sind die Piraten einfach nicht mehr getragen von der Kombination aus Schlagfertigkeit und Demut. Diese Demut nicht überall seine Privatmeinung zu verkünden, sondern alle aus einem Rohr den Liquidkonsens zu versprühen, die ist wegger als weg. Die Begeisterung mit der wir LQFB als Wunderwaffe empfunden hatten, und von unseren verabschiedeten Texten überzeugt waren. Wir haben sie bis ins Bundesliquid getragen, aber dann ging sie flöten.

Ich befürchte wir werden diesen magischen Mix von 2011 nicht wieder hinkriegen. Was wir jetzt tun müssen, ist die Partei fit machen für den Umgang mit freidrehenden Radikalmeinungen und Aktionen. Ein spontanes Unterordnen zu einem gemeinsamen höheren Ziel wird sich so schnell nicht wieder einstellen…

Was aber funktionieren kann, ist eine bessere Durchsetzung von Disziplinarregeln, weswegen ein destruktiver Tweet bereits eine Verwarnung nach sich zieht und Shitstorm-Lynchjustiz generell abgeschafft wird, in dem Vorstand und Schiedsgerichte eine Methode entwickeln, Problemsituationen und -personen früh zu erkennen und anzusprechen… und die Partei lernt ihren gewählten Zuständigen zu vertrauen (man meldet einen Problemfall, und spart sich ein eigenes Urteil zu bilden, denn Vorverurteilungen bringen niemandem was), auf dass Gerechtigkeit im Sinne der Gewaltenteilung stattfindet, und nicht durch eine Lynchjustiz, welche uns bisher nur immer tiefer verletzt und geschadet hat.

Dies ist nicht nur demokratietheoretisch sinnvoller im Sinne von Montesquieu, das respektiert auch die Privatsphäre der Betroffenen (egal ob Opfer oder Täter), welche man nur im Kleinen mit Vorstand oder Schiedsgericht klären kann. Wenn wir uns diese Regeln nicht selbst geben, regiert die Willkür des Shitstorms, somit werden wir genauso wie die Grünen Jahrzehnte benötigen, um alle kritischen Stimmen vergrault zu haben, und wahlerfolgstauglich werden. Falls das überhaupt eintritt.

Sich mit der Disziplinarfrage zu beschäftigen bedeutet, es nicht dem Zufall zu überlassen, wie wir die nächsten Jahrzehnte mit dieser Partei klarkommen, sondern diese Zukunft selbst gestalten und uns wieder zusammenzuschmieden zu einem überzeugendem Team, welches Wahlen gewinnt.

Solange wir die Disziplinarfrage nicht lösen, können wir uns die Hoffnung auf Wahlerfolge abschminken. Es ist für Journalisten und politische Gegner immer ein leichtes einen querschießenden Piraten zu finden, der jegliche offizielle Aussage der Piratenpartei und jegliche politische coole Aktion durch eine peinliche oder destruktive Anti-Haltung kaputtmacht. Dabei sind gelegentliche "Mishaps," also gutgemeinte schiefgelaufene Aktionen, die wir so oder werden ertragen müssen, unvermeidlich genug (Stichwort bombergate). Ein Disziplinarsystem soll ja nicht zu einem Maulkorb verkommen. Das gute Gleichgewicht muss her, und es liegt an uns dieses zu gestalten, statt zuzulassen, dass wir wie die anderen Parteien werden.

Siehe auch Wahlen/Bund/2013/Analyse