Stellungnahme zum Breitbandausbau im Ennepe-Ruhr-Kreis
Als Kreistagsmitglied und Mitglied der Breitband Kommission des
Ennepe-Ruhr-Kreises kenne und unterstütze ich natürlich die Bemühungen
unseres Breitbandbeauftragten Herrn Schilling. Er ist es nicht, der die
ungünstigen Spielregeln festlegt. Und unter den gegebenen Umständen holt
er das beste für den Kreis heraus.
Trotzdem kann ich in den Jubel über die Förderung nicht mit einstimmen.
18 Mio. Euro ist eine große Summe, die einer übersichtlichen Zahl von Haushalten jetzt also besseres Internet bescheren wird. Auf den ersten Blick scheint das Geld gut investiert und die Betroffenen werden sich sicher über die Verbesserung freuen.
Die Haushalte, denen jetzt geholfen wird, haben ein Problem. Sie wohnen dort, wo sich Investitionen in Infrastruktur wirtschaftlich nicht rechnen. Deshalb ist es sinnvoll, dass die Gesellschaft die Wirtschaftlichkeitslücke schließt, damit die Haushalte dort nicht von der Entwicklung der Gesellschaft abgehängt sind. 18 Mio. Euro werden deshalb jetzt für den Breitbandausbau in diesen schwierigen Gebieten ausgegeben.
Bekommen werden die Haushalte schnelleres Internet mittels Vectoring, also auf Basis der vorhandenen Kupferkabel. Was sich durch den Ausbau nicht ändert, ist der Tatbestand, dass sich ein Ausbau in dieser Gegend nicht lohnt.
Und genau da liegt der Hund begraben. Denn der Ausbau zum Gigabit-Netz wird dort jetzt nicht stattfinden. Dazu bedarf es später eines weiteren Ausbaus. Und der wird dann wieder auf sich warten lassen, weil es sich in diesen meist dünn besiedelten Gebieten nicht lohnt, die Technik schon wieder umzurüsten.
Sinnvoller wäre es die wenigen Anschlüsse, um die es jetzt geht, mit einer Technik auszurüsten, die es bereits jetzt schon gibt und die in absehbarer Zeit die Zukunft aller Anschlüsse sein wird. Und das ist die Glasfaser bis in die Haushalte(FTTH).
Damit wären die Haushalte mit Steuergeldern jetzt schon auf dem Stand von übermorgen und wären nicht morgen schon wieder auf die Hilfe der Gesellschaft angewiesen.
Warum geschieht das nicht?
Weil es nicht in die Pläne des größten Anbieters und Beraters der Bundesregierung passt. FTTH ist in deren Augen nämlich ein Premiumprodukt. Und wenn man jetzt Glasfasern bis in die Haushalte verlegt, die kein Premiumprodukt wollen, sondern einfach nur einen zeitgemäßen Internetanschluss, dann wird man dafür keine Premiumpreise durchsetzen können.
Über die Glasfaser kann man nämlich nicht nur 100, 200, 500 oder gar 1000 Mbit/s und noch viel mehr Übertragen, sondern eben auch nur 30 Mbit/s, was dann für solche Haushalte bereits eine Verbesserung um Faktor 10 wäre. Aber eine solche Tarifstruktur ist nicht vorgesehen, in der 30 Mbit/s über Glasfaser geliefert werden.
Der Eigenausbau der Anbieter, der jetzt ohne Steuergelder geschieht, hat im Prinzip das selbe Problem. Auch hier wird eine Technik verbaut, die keine Zukunft hat. Aber das müssen die Unternehmen vor sich selbst verantworten.
Wenn wir als Gesellschaft etwas anderes wollen, dann sollten wir mal einen ehrlichen Blick auf die "Marktsituation" werfen.
Es geht hier um Infrastruktur. Es gibt ein Wassernetz, es gibt ein Stromnetz, ein Gasnetz, ein Straßennetz, ein Abwassernetz, ein Schienennetz und es gibt ein Kommunikationsnetz. Nirgendwo in diesen Netzen gibt es einen echten offenen Markt bzgl. der Infrastruktur. Und das wäre ja auch nicht sinnvoll. Ein Anschluss reicht jeweils pro Haushalt, wer darüber den Strom, das Wasser oder das Gas liefert, entscheidet sich dann über einen Markt. Und genauso verhält es sich mit dem Kommunikationsanschluss. Eine Glasfaser pro Haushalt und alle Anbieter von Fernsehen, Internet und Telefon haben die Möglichkeit ihre Produkte darüber anzubieten.
Die Telekom als größter Anbieter hat eigentlich kein Interesse an dem Ausbau. Denn sie kann damit keine neuen Kunden gewinnen und höhere Preise lassen sich auch nur schwer durchsetzen. Das einzige, was die Telekom dazu bewegt, ist Konkurrenz und wenn die auftaucht, verringert die Telekom das Potential für diese Konkurrenz mit möglichst wenig Kosten und das ist derzeit mit Vectoring möglich.
Die Telekom verhält sich da als privatwirtschaftliches Unternehmen genau richtig. Die gesellschaftliche Steuerung obliegt nicht den Unternehmen, sondern der Regierung. Und da wurden in den vergangenen Jahren die falschen Weichen gestellt.
In Berlin bekundet man zwar lautstark man wolle eine Gigabit-Gesellschaft werden, aber den konsequenten Ausbau mit FTTH verhindert man, indem man zulässt, dass das ehemalige Staatsunternehmen Fördergelder für den "Ausbau" mit veralteter Technik bekommt.
Als Gesellschaft müssen wir in Vorleistung gehen und die Infrastruktur schaffen, auf der Unternehmen dann ihre Dienstleistungen erbringen können. Nur so können die Zukunftsmärkte auch in Deutschland entstehen.
Es mag ja sein, dass Gigabit-Netze derzeit noch nur was für Nerds ist. Es heißt ja nicht ohne Grund NGA(Next Generation Access). Aber Nerds entwickeln die Produkte der Zukunft und sie brauchen jetzt ein Umfeld indem sie diese entwickeln können. Und wer denkt er müssen Gigabit nur für die Unternehmen fördern, der macht schon wieder einen Denkfehler. Einerseits findet so manche Entwicklung nicht immer in Großunternehmen statt, aber zum anderen brauchen Breitbandprodukte auch Kunden die einen Anschluss haben, der in der Lage ist die neuen Angebote auch zu ermöglichen.
Ein kleiner Blick in die Vergangenheit hilft. Als damals die ersten Telefonleitungen verlegt wurden, hat niemand an die Verwendung für die Datenübertragung gedacht. Wir hatten einfach Glück, dass es keine billigere Technik für Telefonie gab und haben uns deshalb mehr zufällig ein Netz geschaffen, das auch noch für die heutigen, sehr viel höheren Anforderungen geeignet ist.
Die Kabel die wir heute verlegen, werden in dem Bewusstsein verlegt, dass die Datenmengen und Geschwindigkeiten noch weiter ansteigen werden. Und wir kennen auch die Technik, die dazu in der Lage ist für lange Zeit den immer höher werdenden Ansprüchen zu genügen.
Kupferkabel mit Vectoringtechnik sind das nicht.