E-Mail von Herrn Kopps:
Die schwarz-gelbe Landesregierung will mit ihrer Mehrheit NRW-Landtag die kommunale Bürgermeister-Stichwahl 2020 abschaffen. Für diesen Fall hat die SPD-Oppostion im Landtag eine Verfassungsklage angekündigt. 1994 hatte die SPD diese Stichwahl eingeführt, 2007 hatte die Schwarz-Gelb sie abgeschafft, 2011 hatte sie Rot-Grün wieder eingeführt.

Ich bitte Ihre Fraktion um eine kurze Stellungnahme: 

Wie stehen Sie zum Plan der Landesregierung und zur angekündigten Klage dagegen? 

Welche Folgen hätte aus Ihrer Sicht die Frage Stichwahl oder nicht bei der BM-Wahl 2020 bezüglich …
- der Frage, wessen Wahlchancen sich dadurch in Witten verbessern
- taktischer Überlegungen Ihrer Partei bzw. anderer Parteien in Witten bei der Kandidatenaufstellung (auch, ob Sie überhaupt einen eigenen Kandidaten aufstellen),
- möglicher Wahl-Koalitionen im Vorfeld bzw. Wahl-Empfehlungen bei einer Stichwahl

Bitte schicken Sie mir, so möglich, eine - gerne auch sehr kurze - schriftliche Stellungnahme bis Donnerstag, 21.2., 12 Uhr. Am Mittwoch bin ich nicht in der Redaktion. 

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Sehr geehrter Herr Kopps,

hier unsere sicherlich zu lange Antwort zu Ihren Fragen. Je nach Artikelschwerpunkt können Sie sich ja passend bedienen.



Die Piraten sehen in einer Abschaffung der Stichwahl eine Verschlechterung des Wahlsystems. Bürgermeister und Landräte müssen die Mehrheit der Wähler hinter sich haben. Durch die zwischenzeitliche Abschaffung der Stichwahl 2007 wurden teilweise Kandidaten gewählt, die nicht einmal ein Drittel der Stimmen hinter sich versammelt hatten. Bürgermeister mit mehr als zwei Dritteln der Wähler gegen sich starten dann direkt durch ein Legitimationsproblem geschwächt ins Amt.

Die Abschaffung könnte zu einer geringeren Kandidatenauswahl und damit zu weniger Wettbewerb unterschiedlicher Ideen und Programme führen. Wenn es nur einen entscheidenden Wahlgang gibt, werden sich kleinere Parteien häufiger von Beginn an hinter einem aussichtsreichen Kandidaten einer ihr nahestehenden Partei versammeln müssen. Die Piraten lehnen eine solche Verarmung des demokratischen Wettbewerbs ab.

In der Vergangenheit waren CDU-Kandidaten besonders häufig in der Stichwahl unterlegen, obwohl sie im ersten Wahlgang zunächst die meisten Stimmen bekommen hatten. Die CDU will also schlicht auf Kosten demokratischer Prinzipien das Wahlrecht zum eigenen Vorteil ändern.

Daher ist die Piratenpartei NRW gemeinsam mit SPD Fraktion NRW, Grüne Fraktion NRW, DIE LINKE NRW und Mehr Demokratie NRW Gründungsmitglied des Bündnisses „Stichwahl bleibt!“. Eine Verfassungsklage erscheint uns auch nach den sehr kritischen Expertenanhörungen im Landtag erfolgversprechend.

Die Piraten in Witten werden sich 2020 für einen Kandidaten einsetzen, der sich glaubhaft für mehr Transparenz und Beteiligung ausspricht, über den Tellerrand schaut und die Chancen und Herausforderungen der digitalen Revolution verstanden hat. Ein kompetenter Kandidat, der beispielsweise von Grünen, Bürgerforum und Piraten gestützt würde, hätte auch aufgrund der derzeitigen Schwäche von SPD und CDU bei dieser Wahl sicher eine gute Chance. 

Das letzte Wort in dieser Frage werden unsere Mitglieder haben und auf einem Parteitag basisdemokratisch entscheiden, welchen Kandidaten die Piratenpartei unterstützt oder selbst aufstellt. Mit den Piraten ist bei der Bürgermeisterwahl 2020 wieder zu rechnen!