Liquid Democracy/Einwände

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Vorlage:Diskussion

Diese Einwände aus dem Artikel Liquid Democracy wurden dort stichworthaft zusammengefasst und dann hierher verschoben. --Bernd 18:43, 23. Feb 2007 (UTC)

Projektmanagement

ich behaupte, prioritaet haben gerade nicht kryptographische details oder visionen ueber eine neue bundestagsordnung, sondern zwei fragen:

  • minimalanforderungen: wie implementiert man ein sehr einfaches und theoretisch gut verstandenes abstimmungssystem mit basisdemokratieeigenschaften auf eine weise, die wenig arbeit im laufenden betrieb verursacht und jeder einzelnen mitspielerin die moeglichkeit gibt, zu sehen, wer was mit ihrer stimme gemacht hat?
    das sollte mit der papiermetapher entworfen werden (zettel unterschreiben und in urnen werfen, quittungszettel zugeschickt bekommen, etc.), kann aber nur mit software und kryptographie arbeitssparend und skalierbar betrieben werden.
  • projektmanagement: wie viele leute arbeiten mit wieviel zeit an diesem projekt? was wollen / sollen / koennen die erreichen?
    die wiki-seite sieht noch nicht besonders reif aus. gibt es noch andere liquid-democracy-ressourcen, oder leute, die dran arbeiten, aber nicht oeffentlich sichtbar sind?
    das thema ist einerseits theoretisch sehr spannend, andererseits ist es aber wichtiger, irgendwas einfaches zu fordern und auch zum laufen zu bringen. danach kann man sich immer noch ueber die gerechtigkeit von banzhaf-anomalien streiten.

Bundestagswahl ist anti-GG Utopie; Instrumente besser in best. Bereichen ausprobieren

Natürlich könnte man mit einem Spezialbereich, der nicht dem Kernbereich des GG unterliegt, anfangen. Ich denke hier etwa an das Fernsehprogramm. Hier werden ja bereits durchaus Zuschauerquoten zur Steuerung des öffentlichen-rechtlichen Angebotes benutzt. Ausserdem gibt es die Rundfunkräte als breit und oligarch aufgestellte Kontrollinstanzen dieser Medieninstitutionen. Nun könnte man noch ein "niederländisch" inspiriertes Delegationssystem drauf setzen, das schon deshlab hilfreich wäre, weil es verkrustete Strukturen aufbräche. Das Problem dieses dargestellten "delegativen Entscheidungsmodells" der AG (das übrigens nichts mit LiquidDemocracy zu tun hat) ist insgesamt seine besondere Innovationsfeindlichkeit, es führt zu einer Art chinessischen Machtapparat, in dem die Macht in den Händen eines expertokratisch-hierarchischen Systems liegt, aber der Kaiser auch nichts zu sagen hat. Würden und Bürden gehen eine Einheit ein. Ich glaube für den Rundfunk wäre es am besten, wenn Journalisten professionell "unabhängig" und frei von Sanktionen und gesellschaftlicchen Erwartungen berichten können, und gegen solche Anforderungen eine Kontrollapparates abgeschirmt sind. Quoten in den Medien killen auch Kunst und Experiment, sie führen zum Mittelmaß. Eric Idle erzählte mal, dass das Format von Monty Python in gewisser Weise nur aus der Freiheit entstehen konnte, die ihnen die BBC zur damaligen Zeit gewährte aber heute in dieser Form unmöglich wäre. "Delegative Demokratie" bewirkt leider auch den Terror des Kommittees, die Verfrostung einer Herrschaftsausübung, die Ausmerzung des Widerspruchs, das Fehlen von Inspiration, Vision und Führung, sondern vielmehr die Bestätigung des Bestehenden, und stärkt die expertokratische Machtausübung, weil wir an "Spezialisten" deligieren werden. --Art 02:05, 22. Okt. 2009 (CEST)

Generelle Einwände

  • Oberflächlichkeit Grundsätzlich ist es mit dem gleichen Malus behaftet wie eine direkte Demokratie. Es ist ein Problem der Tiefe - über was soll das Volk selbst und direkt entscheiden. "Alles" ?
  • Spenden/FinanzierungJeder einzelne Abgeordnete muß neben dem normalen Abgeordnetengehalt Wahlgeld für seine Wähler bekommen und ihm muß gespendet werden können anstatt einer Partei, nur so kann er die Unkosten decken und nur er macht die ganze Arbeit. Es muß sichergestellt werden, daß dies Geld bei ihm verbleibt und nicht unrechtmäßig (verwendungszweckfremd) in eine Parteikasse wandert, wie es derzeit z.B. bei dem Abgeordnetengehalt der Fall ist (der Abgeordnete muß einen bestimmten Prozentsatz von irgendwas um 20% an die Partei bezahlen). Parteien werden also nicht mehr durch ihre Abgeordneten, Wahlgeld und Spenden finanziert, sondern nur noch durch Spenden. Da man sich die Abgeordneten aussucht, besteht kein Sinn, Mitglied einer Partei zu werden oder einer Partei Geld zu spenden. Es besteht auch kein Grund, in eine Partei einzutreten, um Abgeordneter zu werden. Demzufolge werden Parteien nur noch durch Wirtschaftsspenden finanziert und wenn die ausbleiben sollten, wird es keine Parteien mehr geben. Ein kommunaler Abgeordneter hat normalerweise aber weder Zeit noch genug Geld, sich bundesweit zur Wahl zu stellen. Das können nur die, die über genug Geld aus anderen Quellen verfügen (siehe USA). Das komplette Wahlsystem, das wir derzeit haben, wird geändert und dem der USA angeglichen. (Diäten/ Finanzierung/ Werbungskosten) Elcon 17:22, 23. Feb 2007 (UTC)
    Und wenn viele Abgeordnete sich zusammentun und statt von der Wirtschaft Geld zu nehmen sich dieses selbst erwirtschaften? Spenden können doch nur die, die was zum Spenden übrig haben... gruß inkorrupt
    Ich würde dem widersprechen. Und sagen, der einzelne Abgeordnete sollte nicht einmal selber wissen, wieviel Bürger er vertritt. Damit im Parlament nicht einfach Koalitionen zwischen den mächtigsten Abgeordneten gebildet werden können, sondern sachlich argumentiert und überzeugt werden muss. Gruß derReisende
  • Abgrenzungsproblem: Die Idee, sich in verschiedenen politischen Ressorts durch verschiedene Parteien oder Personen vertreten zu lassen, oder selber durch direkte Stimmabgabe mitbestimmen zu können, klingt verlockend, bringt aber das Problem mit sich, dass die Arbeit in diesen Ressorts häufig nicht separat betrachtet werden kann, sondern Wechselwirkungen unterliegt und deshalb einen konzeptionellen Rahmen benötigt - nicht ohne Grund ist das Amt der Bundeskanzlerin bei uns mit der "Richtlinienkompetenz" ausgestattet.
    Wie schwierig das Zusammenarbeiten verschiedener politischer Strömungen in einer Regierung ist, ist seit jeher in den Koalitionsregierungen sichtbar. In einer Liquid Democracy dürfte sich die Größenordnung dieses Problems vervielfachen. Arnino
  • Populismus: verführt das nicht zur 'Rosinenpickerei' und gaukelt den Leuten vor, sie könnten von allem nur das Positive bekommen (->Populismus)? --Nanuk
    Ich denke nicht, dass es diesbezüglich Probleme gibt, die meisten Menschen sind in der Lage Probleme und Unmöglichkeiten als solche zu erkennen. Natürlich wird es Populisten geben, die sich aber durch den Misserfolg ihrer Politik sehr schnell diskreditieren werden. Dadurch, dass ein Populist in diesem System ja auch sehr schnell ins Abseits gestellt werden kann, ist m. E. nicht zu erwarten, dass sich diese Politikerspezies dauerhaft etablieren kann. --Möp
  • Transparenz: Die Transparenz bei diesem Verfahren kann nicht gewährleistet werden, jedenfalls nicht, solange die Wahl geheim bleibt. Damit leidet die Methode unter den gleichen Schwächen wie die Wahlcomputer, gegen die die PIRATEN ja eindeutig sind. „Liquid Democracy“ zu befürworten wäre damit ein Widerspruch in sich. --Onkelfritz 23:44, 29. Jan. 2008 (CET)
  • Blockbildung: Es könnten sich große Blöcke (z. B. BILD-Partei) bilden, während der Rest nicht zur Opposition fähig ist, weil zu viele Meinungen. --Trias 13:44, 7. Feb. 2010 (CET)
  • Keine Konsensbildung: u. U. gibt es Positionen, die sich widersprechen (Weniger Steuern! Mehr Bildung!), aber für beide eine Mehrheit zustande käme. Keine Partei/Gemeinschaft wäre zu einem Gesamtkonzept verpflichtet. --Trias 13:44, 7. Feb. 2010 (CET)
  • Zuordnungsproblem: Sieht noch jemand ein Problem darin, Probleme Themengebieten zuzuordnen? Beispiel: Kohlekraftwerk ja/nein -> Energiepolitik (Proxy 1), Umweltpolitik (Proxy 2) --Excogitation 00:24, 30. Jul. 2009 (CEST)
  • Stimmungsmacher: Die wahre "Macht" in meinen Augen hätten die Stimmungsmacher á la BILD-Zeitung & Co. Viele lassen sich leider von den Mainstream-Medien lenken.
  • Schnelllebigkeit: Durch die Möglichkeit, seine Stimme jederzeit zu ändern, gibt es die Gefahr kurzfristiger Pushs oder Downs bestimmter Ideen, wodurch politische Langzeitprojekte erheblich erschwert werden. Es gibt jetzt schon das Problem, das ehrgeizige Projekte aufgrund der Kürze der Legislaturperioden nicht realisiert werden können (siehe Debatte über Aufweichung von Atomausstieg). Politik könnte noch kurzlebiger werden, mit ständigem Drang, seine Supporter nicht zu vegraulen und ständig Ergebnisse vorzuweisen. Dadurch wären temporär unpopuläre Entscheidungen, die ihren Nutzen erst nach einigen Wochen, Monaten, Jahren zeigen, kaum noch vorstellbar. Moritz L. 17:20, 3. Okt. 2009 (CEST)
Änderungsintervalle? Nach erster Festlegung jederzeit, und dann mit jeder weiteren muss erstmal eine Zeit gewartet werden, bis die Stimme neu vergeben werden kann. --Aloxo 23:12, 23. Okt. 2009 (CEST)
  • Gewaltenteilung: Ich stelle mal die Aussage eines JU/CDU-Mitglieds über LD zur Diskussion: "Artikel 20, Absatz 2 GG fordert besondere Organe der Gesetzgebung. Eine Liquid Democraty läuft auf dem ersten Blick dem nicht zuwider, da sie ja erst einmal lediglich die Beteiligung des Souveräns an der Demokratie steigern möchte (was ansich gutzuheißen ist). Auf dem zweiten Blick widerspricht die Liquid Democraty aber der im Grundgesetz geforderten Gewaltenteilung. Immerhin ist es bewusst gemacht, dass die Exekutive durch die Legislative kontrolliert wird. Die Liquid Democraty würde in der Praxis diese Kontrolle aufheben, da die Liquid Democraty selbst die Kontrolle übernehmen würde, da sie die einzige Basis ist, die legitimiert. Der Parlamentarismus würde stark geschwächt." --Sevy 18:58, 25. Okt. 2009 (CET)
  • Kaskadeneffekte: Wenn eine Stimme mehrfach delegiert wurde, wird es für den einzelnen Bürger intransparent, für welche Position seine Stimme verwendet wird. Auch könnte z. B. jemand, der viele Stimmen aggregiert hat, kurzfristig seine Meinung ändern (gegen Geld?). Dem könnte man entgegenwirken, indem man nur eine Delegation zulässt. --Trias 13:33, 7. Feb. 2010 (CET)
  • Banzhaf-Paradox: siehe #Banzhaf und Stimmgewichtsanomalien


  • Abkehr von Parteien: Unser Grundgesetz tut sehr viel, damit einzelne Personen keine übermäßige Macht bekommen. Zum Beispiel wird der Bundespräsident nicht direkt gewählt, so kann sich niemand einen Wahlkampf finanzieren, um Präsident zu werden. Der Kanzler braucht viele Abgeordnete hinter sich und so weiter. Durch die 5%-Hürde kann nicht "mal eben" ein Einzelner eine Fraktion in den Bundestag bringen. In Deutschland spielt auch deshalb Geld in der Politik eine geringere Rolle als in vielen anderen Ländern, in denen sich vorzugsweise reiche Männer aufstellen lassen. Das halte ich für einen Segen und möchte auch weiterhin ein System mit starken basisdemokratischen Parteien haben. -- Benutzer:NetAction

Banzhaf und Stimmgewichtsanomalien

Leidet ganz extrem unter dem Banzhaf-Paradox (Unterschied zwischen nomineller und reeller Stimmkraft): Markus Schulze auf der Electorama-Mailinglist dazu

Dazu einige wirre Ideen.

Bitte korrigiert mich oder stellt Fragen, oder fummelt nach Belieben in meinem Text rum. Ich habe keine Ahnung von dem Thema und versuche nur, mitzudenken. Ninja 14:01, 22. Jul. 2009 (CEST)

Einfaches Modell: es sind ja-nein Entscheidungen zu treffen, und jede Person hat in jeder Entscheidung eine Stimme. Dynamische Delegation bedeutet, dass jede Person A jeder anderen Person B seine Stimme leihen kann, so dass B zwei Stimmen hat und A keine. Dies kann pro Entscheidung geschehen oder pauschal.

Das Banzhaf-Paradox besagt, dass es eine Diskrepanz zwischen nominellem und effektivem Stimmgewicht gibt: wenn A 45 Stimmen hinter sich versammelt, B 40, und C 12, dann hat C den gleichen Einfluss auf den Ausgang der Wahl wie B (effektives Stimmgewicht), obwohl deutlich weniger Stimmen (nominelles Stimmgewicht).

Ist das (nominelles und effektives Stimmgewicht unterscheiden sich) ein Effekt von dynamischer Delegation, d. h. ist ein System mit dynamischer Delegation "schlechter" als eines ohne? Oder aendert dynamische Delegation nichts an den Entscheidungen, die getroffen werden?

Wenn man annimmt, dass alle Stimmen immer im Interesse des urspruenglichen inhabers entscheiden, auch wenn sie delegiert sind, dann gibt es keinen Unterschied in den getroffenen Entscheidungen. Der Unterschied ist nur in der willkuerlichen Zusammenfassung der Stimmen in den Kategorien "wurde delegiert an...". wenn diese Annahme nur graduell zutrifft, d. h. Delegierte treffen Entscheidungen nur zu 80% im Sinne der urspruenglichen Inhaber der Stimmen, dann wirkt das banzhaf-Paradox graduell auf die Entscheidungen. Das muesse man wohl mal genauer ausrechnen, aber die Frage ist ja nicht, ob Delegation "schlecht" ist, sondern ab welchem Punkt die Entscheidungen "schlechter" werden als in einem System ohne Delegation. (80%? 60%? 20%?). Die Frage ist also, wie zuverlaessig mein Delegierter meine Interessen vertritt, und nicht, wie die Stimmen sich auf die Delegierten verteilen. Es gibt uebrigens schon mehr Literatur in der Spieltheorie zu dieser und verwandten Fragen, als ich jetzt gerade Zeit habe durchzublaettern.

Ausserdem muss man in Betracht ziehen, dass selbst ohne Delegation jede basisdemokratische Abstimmung durch Meinungsmacher beeinflusst wird, und dass die wenigsten Personen, die abstimmen, voellig von Anderen unbeeinflusste Entscheidungen treffen. Mit Delegation koennte man bereits vorhandene Effekte bei Abstimmungen sichtbar machen und anfangen, darueber zu diskutieren, ob man sie haben moechte - oder was man dagegen tun kann.

Was genau ist "schlecht" am banzhaf-paradox?

In Kalifornien wurde gerade per Volksentscheid die Schwulen-Ehe abgeschafft. Es ist also nicht klar, dass die Mehrheit immer alle Entscheidungen im Geiste der Freiheit des Individuums trifft. Wenn man aber nicht zu den Nazis moechte, muss man trotzdem so arbeiten, als sei jede Person in der Lage, politische Entscheidungen zu treffen, und einfach hoffen, dass das eine self-fullfilling prophecy ist: die Menschen koennten ja an der Erfahrung wachsen, ernstgenommen zu werden.

Dennoch gibt es da zwei gegeneinander laufende Effekte: ein Delegierter hat mehr Zeit, sich mit einer Entscheidung zu befassen, weil seine Entscheidung mehr Gewicht hat. Deshalb ist seine Entscheidung "besser". Andererseits kann es sein, dass er seine Stimmgeber mit eigenen Meinungen und Ansichten aergert, insofern wird der Ausgang einer Abstimmung mit Delegation "schlechter". Sowohl fuer das "besser" als auch fuer das "schlechter" fehlen griffige Definitionen. ohne die kann man aber nicht effektiv weiterstreiten.

Es geht um "Steuerung", im Grunde genommen vor allem um Machtökonomien, nicht wie der Laie meint, die Exekution von Entscheidungen oder Wahlverfahren. Wir wollen ja gar nicht über Alles entscheiden müssen und die Dezisionslast tragen, sondern wir möchten sichergehen, dass eine Entscheidung "in unserem Interesse" ausgeht, und jemand "verantwortlich" ist. In einer Demokratie geht es um die Ausübung von Macht und die Beschränkung von Macht zugleich. Wichtig ist deshalb die Bipolarität, die inhärente Bestreitbarkeit einer Position. Der Begriff der Position wird von mir bevorzugt gegenüber der in der Literatur so beliebten Konzeption der "Entscheidung", welche dem Prinzip der Elimination des Anderen folgt, also monadisch ist. So gesehen will ich z. B. nicht, dass "Wir Kanzler sind", also kollektiv die Entscheidungen des Kanzlers treffen müssen, sondern dass die Politik des Kanzlers gravitationsartig meinen Interessen gehorcht, ohne dass ich ihn kontrollieren muss, d. h. Mühe aufwenden. Der "Kanzler" ist in dieser Vorstellung sozusagen unser Knecht. Der ideale Diener ist derjenige, dem man nicht befehlen muss, der einen nicht mit Entscheidungen bestürmt. Wichtig ist in dieser Betrachtung vor allem die Machtverteilung zwischen uns beiden, z. B. meine Ausstattung mit wirksamen Sanktionsmöglichkeiten. Die Wahl ist in meiner Betrachtung eine Art Ritual, das mediatisierend wirkt und die symbolische Bindung des Amtsträgers an den Auftraggeber herstellt. --Art 01:36, 22. Okt. 2009 (CEST)

Einwände, die nicht in allen Varianten auftauchen

  • Geht nur mit zentraler Registratur wer was wann wo gewählt hat. (Datensparsamkeit?)
  • Jeder Wähler, muß schriftlich angeschrieben werden, wie er oder jemand (dessen Name muß auf dem Zettel stehen) für ihn abgestimmt hat oder er nicht abgestimmt hat. Nur so kann sichergestellt werden, daß nicht unwissentlich für jemanden, der nicht wählen wollte, abgestimmt wurde oder eine Stimme von jemanden unter den Tisch fiel. (Umwelt?) Elcon 17:22, 23. Feb 2007 (UTC)
    ich werde doch auch nicht angeschrieben wenn die Partei die ich gewählt habe für oder gegen irgend etwas im Bundestag stimmt. Ich würde eher über Art Historie nachdenken, die meien vergangenen, nicht selbst getroffenen Entscheidungen enthält.(und das auch nur wenn berechtigte Zweifel an der Sicherheit der Wahlmethode bestehen(na ja dann sollte die Methode eigentlich gar nicht benutzt werden)) gruß derReisende
  • Datensicherheit kann nicht garantiert werden. Elcon 17:22, 23. Feb 2007 (UTC)
  • Bei der Abstimmung muß für jede einzelne Stimme ein Wahlschein ausgedruckt werden, um später die Wahl nachvollziehbar zu machen. Wenn also Stellvertreter A für 10 Wähler abstimmt, müssen 10 Wahlzettel herauskommen, die der Stellvertreter einzeln überprüft und stellvertretend unterschreibt. Elcon 17:22, 23. Feb 2007 (UTC)
  • unzählig viele Wahldurchgänge, siehe USA mit ihren Vorwahlen und Wahldurchgängen, da sich die Abgeordneten untereinander verständigen müssen und nicht mehr "nur" die Parteien. Dies führt zu Zeitverlust und damit zu einer Verzögerung, bis Entscheidungen fallen. Ggf. Lähmung des Staates. Elcon 17:22, 23. Feb 2007 (UTC)
    muss der staat den um jeden preis "handlungsfähig" bleiben - auch um den preis fehlender demokratie? der staat ist doch eigentlich nur legitimiert durch den bürger, es gibt kein eigentständiges "existenzrecht" des staates, das dieser nötigenfalls gegen den bürger (staatsnotstand) oder ohne ihn (regieren ohne legitimation) durchsetzen darf. Ninja

Imperatives Mandat

Mit Liquid Democracy hat der Vorschlag nichts zu tun, hierbei handelt es sich um ein sogenanntes "imperatives Mandat". Dazu gibt es eine uralte Diskussion und Kritik. Es handelt sich bei dem dargestellten Entwurf also um ein U-Boot des alten Delegationsprinzips mit all seinen Macken und antidemokratischen Charakteristika. Nun kann man natürlich in bestimmten Bereichen dieses Modell wählen, bestimmt auch mit elektronischen Mitteln weiterführen, aber man sollte damit kritisch bleiben.

Mit "Liquid Democracy" ist etwas ganz anderes gemeint, nämlich demokratische Kontrolle durch andere Mittel zu erreichen, und die Wahl auf ihre Funktion, der Bestreitbarkeit von Macht zu reduzieren. Beispiel: Automobilbau. Niemand stimmt demokratisch über die Produktion der Farben von Autos bei VW ab, aber als Kunde kann man wählen, was man kauft. Wenn sich der Hersteller schlechte Autos produziert oder die falschen Farben, zwingt ihn die "unsichtbare Hand des Marktes" zur Verbesserung des Angebots oder er fliegt aus dem Markt. Die Macht des Konsumenten steuert hier über den Marktmechanismus. Das geht natürlich nur dort, wo der Kunde Macht hat, weshalb Ordnungspolitik und Machtverteilung sehr wichtig wird in der Betrachtung. Der Markt ist hier nur exemplarisch als Modell aufgeführt, das eine Alternative zur expliziten Wahlentscheidung darstellt. Andere Instrumente sind z.B. Prisen statt Ausschreibungen. Oder das im alten Griechenland so beliebte Losverfahren. Eine statistisch perfekt repräsentatives Parlament könnte man bekommen, wenn statt Wahlzettel zum Abgeordneten man ein Los erhalten würde, mit dem man Abgeordneter werden kann. Wir haben ein solches System nicht, sondern eine Mehrheitswahl mit Vorschlägen der Parteien, die "an der Meinungsbildung des Volkes mitwirken". Quoten im Fernsehen sind ein anderes Instrument "liquider Demokratie". Aus Sicht der Liquid Democracy ist der Gedanke "Demokratisierung" mit anderen Mitteln als einer Wahlrechtsreform zu erreichen, nämlich sozusagen als Sachzwang der Herrschaft. Es geht um die Erosion von Macht und den Abbau von Machtdistanz. Medien spielen hierbei z.b. eine Rolle, Transparenzregeln, Dezentralisierung der Medienproduktion, Anonymität und Schutz von Meinungsträgern und ihrer Privatsphäre. Dazu vielleicht Andersens Neue Kleider: "»Aber er hat ja gar nichts an!« rief zuletzt das ganze Volk. Das ergriff den Kaiser, denn das Volk schien ihm recht zu haben, aber er dachte bei sich: »Nun muß ich aushalten.« Und die Kammerherren gingen und trugen die Schleppe, die gar nicht da war." - Bedingung für die Bestreitbarkeit der Herrschaftslehre, mit der der Kaiser betrogen wurde, ist eine Person, hier ein Kind, das den gesellschaftlichen Zwängen nicht unterliegt. Man könnte sagen, dass freie Meinungsäußerung und Öffentlichkeit ein natürliches Korrektiv von irrationaler Herrschaft sind. Die Liberalen des 19Jh. haben z.b. auch immer Volksbewaffnung gefordert, also das Entreissen des Gewaltmonopols im Ernstfall. Das GG führt diesen Gedanken im Widerstandsrecht weiter, während eine Volksbewaffnung nun auch in einer Massenarmee resultieren kann. Auch das Prinzip der Opposition im Parlament bewirkt ja gerade, dass immer jemand da ist, der die Regierungsmeinung bestreiten kann. Ein imperatives Mandat, genauso die "Volksgemeinschaft" oder die Einheitspartei oder die "Repräsentationskrankheit", eine Deliberative, Agendapolitik usw. schliesst die Institutionalisierung von Opposition dagegen ausdrücklich aus, den diese wird ausdrücklich eingebunden. Das ist das Gefährliche an diesen Vorschlägen, darum haben sie auch nichts mit "Liquid Democracy" zu tun, wo es gerade um die Bestreitbarkeit geht. Im Falle des Kaiserhofes mag z.B. ein Hofnarr diese Funktion rituell übernehmen. --Art 23:02, 14. Okt. 2009 (CEST)

Könnte dies nicht auch eine Möglichkeit sein? Oder: Was ist wirkliche Demokratie denn eigentlich?

Ist nur teilweise verwirklichte Demokratie nicht auch eine Form von Schein-Demokratie? Demokratie bedeutet, so weit ich weiß: Herrschaft des Volks! Doch wenn es weiterhin (auch) Parteien und / oder Stellvertreter für die eigene Stimme (Proxys), falls ich dies nicht missverstanden habe, geben soll, dann wäre solches ebenfalls immer noch keine wirkliche Demokratie. Ein Delegieren von Stimmen, also ein Abgeben der eigenen Stimme an eine andere Person, kommt einem Wählen dieser Person doch zumindest sehr nahe, und ein Wählen von Personen soll es doch angeblich dann nicht mehr geben, oder? Stellvertreter für unsere Stimmen haben wir schließlich ja schon die ganze Zeit. Wäre solches denn wirklich überhaupt nötig? Man kann doch schließlich auch selbst abstimmen, wenn man wirklich daran interessiert ist, und der Bürger soll ja schließlich auch nicht "transparent" dabei sein, also anonym sein können.

Wir (wahlberechtigten) Bürger sind doch schließlich erwachsene Menschen, und ich finde, wir sollten uns auch als solche ansehen. Oder sollen wir weiterhin wie unmündige, kleine Kinder an "Mamas Rockzipfel" hängen bleiben?

Es gibt zwar Einwände gegen eine echte, vollständige Demokratie. Aber müssen wir uns deshalb gleich mit weniger echt-demokratischen Vorstellungen zufrieden geben, oder wäre es vielleicht doch möglich, für solche voraussichtlichen Schwierigkeiten gemeinsam auch Lösungen zu finden? Und unter gemeinsam verstehe ich eine Zusammenarbeit von Allen, die sich mit einer Neuordnung unserer bisherigen, scheinbaren Demokratie befassen (Organisationen, Vereine, Parteien etc. und Bürger).

Ich möchte einfach mal auf folgende Website hinweisen: http://demokratie.wikidot.com/ Dies ist, auf der Startseite, eine grobe Darstellung von wahrscheinlich größtmöglicher, wirklicher Demokratie. Sie wurde jedoch von einer einfachen Einzelperson erstellt, die selbstverständlich nicht in der Lage ist, eine solche Vorstellung bis ins kleinste Detail alleine auszuarbeiten. Aber man sollte vielleicht mal drüber nachdenken, ob sie nicht doch besser wäre und ausgearbeitet werden sollte. Bei gründlichem Nachdenken über die Inhalte dieser Seiten, könnte vielleicht manches klarer werden. Außerdem gibt es hier nun auch ein Forum (http://demokratie.wikidot.com/forum/c-97621/forum), in welchem wesentliche Fragen übergeordneterer Art besprochen und ausgearbeitet werden können (und sollten!). Es ist und bleibt jedoch nur eine Variante von mehreren möglichen.

Und was ich dabei für noch wichtiger halte, ist, nicht mit dem zweiten Schritt zu beginnen und immer weiter zu gehen, bevor man den ersten gemacht hat. Da hat gerade erst eine "Schwangerschaft" (das Thema Neuordnung unserer Staatsführung) begonnen, wird auch schon an den "Genen" herummanipuliert, um das "Geschlecht des Kindes" (die dreistufige Volksgesetzgebung) festzulegen. Auch einen Namen hat es bereits bekommen: "Liquid Democracy" (welcher, nebenbei bemerkt, nicht ganz einfach auszusprechen und zu tippen ist, und von den älteren Generationen, die noch keinen Englischunterricht hatten... falls die auch noch zählen). Sogar über das "Make-up" plant man, sich schon mal Gedanken zu machen: "Mock-up von Version 2.0 (mit vielen Features und schöner Oberfläche) erstellen ..."

Damit meine ich: Bevor man eigene Vorstellungen bis ins Detail ausarbeitet, mit dem Ziel, diese am Ende auf das ganze Volk auszuweiten und diesem damit aufzuerlegen, sollte in einem ersten Schritt - nach demokratischen Grundsätzen, und vorausgesetzt, dass die Piratenpartei keine Herrschaftspartei werden will - der Wille des Volkes selbst in bezug auf eine neue Form von Demokratie erst mal ermittelt werden.

Hierfür gibt es in dem bereits erwähnten Forum einen speziellen Thread, wo alle unterschiedlichen Vorstellungen in einer übersichtlichen Zusammenfassung (mit Linksetzung zu tiefergehenden Informationen) präsentiert und diskutiert werden können. So könnte am Ende auch eine Abstimmung für die Bürger ermöglicht und bei einer möglichst großen Beteiligung daran, die vom Volk voraussichtlich mehrheitlich gewünschte Variante ermittelt werden. Ich finde, die Piratenpartei sollte sich daher ebenfalls daran beteiligen und ihre Vorstellung von Liquid Democracy präsentieren. w-d 02:40, 29. Okt. 2009

entscheidungsfindung und deren dauerhaftigkeit?

was mich am meisten "stoert" ist, dass jeder seine stimme jederzeit aendern kann, was aber nicht dabei steht, ist, was dann mit bereits getroffenen entscheidungen passiert.

z.b. es wird abgestimmt ueber den bau eines flusskraftwerks, es bekommt das ja zum bau und es wird angefangen. aus irgendwelchen gruenden, die vorher nicht bekannt waren, kippt die meinung (z.b. die auen rund um das kraftwerk sind mehr gefaehrdet als vorher angenommen) und stimmen schwenken gegen den kraftwerksbau. so, wird jetzt der bau gestoppt bzw rueckgaengig gemacht?

bei nem kraftwerk ist es zwar mit enormen kosten verbunden aber moeglich, die entscheidung rueckgaengig zu machen. aber ist es sinnvoll alle entscheidungen jederzeit revisieren zu koennen? kommt es dann ueberhaupt zu entscheidungen? wenns es keine entscheidungen gibt, kommt es dann zu ergebnissen?

diesen punkt lassen sie im wiki vollkommen offen, und meiner meinung nach muss er restlos geklaert/definiert werden bevor man sowas angehen kann. es muss eine entscheidungsfindung geben und sie sollten entguetlig sein, aber einem gewissen zeitpunkt der wahl nicht mehr aenderbar. sollte eine getroffene entscheidung geaendert werden, muss in einer neuen wahl darueber abgestimmt werden. die stimmen der alten wahl umbiegen wird ueber kurz oder lang zu gar keiner entscheidung, und somit zu gar keiner handlung mehr fuehren und somit zu gar nix mehr fuehren --T e l e 10:22, 11. Jul. 2010 (CEST)


Vergleich mit der Random-Demokratie

Ich möchte die Liquid Democracy mit der Random-Demokratie (Random-Demokratie) vergleichen.

Ähnlichkeit

Vom Anliegen und von der Einordnung zwischen direkter und repräsentativer Demokratie sind sich beide Modelle ähnlich. Auch die Organisation der Random-Demokratie ist in mancher Hinsicht als konkrete Ausprägung der Liquid Democracy vorstellbar. Die Vorteile gegenüber den realen Demokratieformen sind ebenfalls ähnlich.

Auseinandersetzung mit dem Thema

Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass in der Liquid Democracy jeder stimmberechtigt ist und seine Stimme delegieren kann. Die Abstimmer sind also typischerweise Personen, die für sich selbst abstimmen wie beim Plebiszit, oder Delegierte, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Dauerdelegierte sind. In beiden Gruppen wird die Beschäftigung mit dem Thema der Entscheidung nicht immer so intensiv sein, wie es bei den in den Informationsprozess eingebundenen Randomeen der Fall ist. Somit sind insgesamt in der Random-Demokratie besser fundierte Entscheidungen zu erwarten. Aus dem Leistungsprinzip, das in der Random-Demokratie auch für die Randomeen gilt, ergibt sich eine zusätzliche Motivation, sich mit den Entscheidungsgrundlagen zu beschäftigen.

Eignung der Abstimmer

Während in der Liquid Democracy ein im Schnitt gleichbleibendes Potential von Abstimmern besteht, werden Randomeen in Korrelation zwischen Bewährung und Bedeutung der Entscheidung herangezogen. Daraus sind in der Random-Demokratie qualifiziertere Entscheidungen zu erwarten.

Quorum

Während in der Random-Demokratie durchgehend Klarheit über die Anzahl der Randomeen herrscht, besteht diesbezüglich in der Liquid Democracy völlige Unklarheit. Bei wichtigen Fragen von zentraler Bedeutung ist das sicher kein Problem. Aber wie sieht es am anderen Ende der Skala aus? In der Random-Demokratie, wo die Leute angeschrieben werden und ein kurzes Verfahren zu erwarten ist, ist dies sicherlich unproblematisch. In der Liquid Democracy ist m.E. ein Quorum erforderlich. Wie ist dies zu erreichen, wenn die Leute von sich aus sich zu einer Abstimmung aufraffen müssen? Eine allgemeine Werbung für eine Vielzahl derartiger Entscheidungen kann ich mir nicht vorstellen. Wenn man anfängt einzelne Personen als Abstimmer zu werben, ist das nur gemäß einer Zufallsauswahl vertretbar, und dann ist man bei der Random-Demokratie. Ähnliches gilt für Zwischenabstimmungen z.B. zur Änderung von Formulierungen, zu Verfahrensfragen oder zu Teilabstimmungen.

Wiweku 11:44, 20. Jan. 2012 (CET)