Benutzer:Entropy/aBPT

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Entwurf vom 4.6.2014

Ich veröffentliche den unfertigen Entwurf hier schon vorab, da die Informationen bereits jetzt sehr nützlich sein können, ich aber aus Zeitmangel noch nicht fertig geworden bin. Der Text wird dem entsprechend noch ergänzt und überarbeitet werden.

Wirklich Außerordentlich

tl; dr: Es werden die bisherigen Schritte zum außerordentlichen BPTs, dessen Probleme und Gefahren, und entsprechende Lösungsvorschläge erörtert.

Die Piratenpartei befindet sich am bisherigen Höhepunkt ihrer ständigen Krise vor einem außerordentlichen Bundesparteitag (aBPT), auf dem ein neuer Bundesvorstand (BuVo) gewählt werden soll. Viele Mitglieder machen ihren weiteren Verbleib in der Partei von dessen Ausgang und der Europawahl abhängig. Dazu kommt, dass 2014 voraussichtlich keine Mittel für einen weiteren Bundesparteitag (BPT) zur Verfügung stehen, da jeder BPT in den letzten Jahren stets einen erheblichen Teil des chronisch klammen Parteibudgets beanspruchte. Eine zeitnahe Klärung von teils schon sehr lange schwelenden innerparteilichen Konflikten scheint somit nicht in Aussicht zu sein, sondern ist bestenfalls indirekt durch die Zusammensetzung des BuVos möglich. Doch es gibt erhebliche Kritik an der momentanen Planung und der damit verbundenen Risiken. Diese außerordentlichen Umstände führten zu einer bisher einmaligen Ausnahmesituation, in der Notfallregelungen der Satzung in Kraft traten und die bisherigen Prozesse in Frage gestellt werden müssen.

Im Folgenden erörtere ich, welche politischen, organisatorischen und vor allem rechtlichen Probleme es gibt, und wie diese vermieden werden könnten.

Vorgeschichte

Bei Interesse kann hier eine Sichtweise nachgelesen werden, wie es überhaupt zu dem außerordentlichen BPT kommen konnte. Die Sichtweise ist selbstverständlich subjektiv und mitunter sehr konträr zu einigen anderen Blogposts. Ich glaube der eine Teil der Leser wird soll voll unterschreiben können, und der andere ablehnen. Die Vorgeschichte kann getrost übersprungen werden, wenn man sich nicht dafür interessiert oder grundsätzlich anderer Meinung ist.

Rücktritt der Vorstandsmitglieder (16.3.2014)

Ein Teil des Bundesvorstandes (Stefanie Schmiedtke, Björn Semrau und Stefan Bartels) sah, wie der Streit in der Partei immer mehr eskalierte, ohne dass eine Lösung in Sicht war. Sie versuchten vergeblich im Vorstand einen vorgezogenen ordentlichen Bundesparteitag durchzusetzen, um der Basis die Möglichkeit zu geben, demokratisch ihre Konflikte zu lösen. Wie auch bei anderen Entscheidungen fanden sie sich in der Minderheit und somit in der ohnmächtigen Rolle eines Zuschauers eines Autounfalls in Zeitlupe. Der Vorstand war bereits vollkommen innerlich zerrüttet. Der Vorstand hatte sich absurderweise zu einem Konsenszwang für öffentliche Positionierungen verpflichtet, so dass bereits eine einzelne Person einen Vorschlag mit ihrem Veto blockieren konnte - eine Verletzung des Demokratieprinzips und eine Erklärung für ausbleibende Konfliktlösungsansätze durch den Bundesvorstand. Da diese BuVo-Mitglieder diese Zustände nicht mehr verantworten konnten, beschlossen sie gemeinsam, unmittelbar nach den Kommunalwahlen in Bayern zurückzutreten. Die Rücktritte wurden schon frühzeitig angedeutet und für aufmerksame Beobachter keine Überraschung. Gefion Thürmer wurde eine Woche zuvor in Kenntnis gesetzt. Die Rücktritte hatten den Nebeneffekt, dass der Bundesvorstand handlungsunfähig wurde und schnellstmöglich einen außerordentlichen BPT einberufen muss, um einen neuen, hoffentlich kompatibleren Vorstand zu wählen.

Der handlungsunfähige BuVo, die kommissarische Vertretung und der außerordentliche BPT

Vier Minuten nach dem Rücktritt erklärten sich die verbliebenen und laut Satzung handlungsunfähigen BuVo-Mitglieder ("Rest-BuVo") als "kommissarischer Bundesvorstand" gemäß §9a Abs. 10 der Bundessatzung, beriefen später Alex Zinser als "kommissarischen Generalsekretär" und übernahmen Aufgaben der Zurückgetretenen.

In dieser Zusammensetzung bewilligten sie seither eine Reihe von Geldern für Wahlkampf, Politischen Aktionen, Personal etc. die teils auf vorherigen Beschlüssen des BuVos basierten, aber auch teils nicht durch solche gedeckt waren. Eine ganze Reihe von Beauftragungen wurde ausgeschrieben, und einige bestehende ohne Begründung geschasst.

Einige Mitglieder suchten bald von sich aus nach möglichst frühzeitigen und günstigen Angeboten für einen außerordentlichen BPT (aBPT), um der kommissarischen Vertretung (kVert) zu helfen und die Partei möglichst schnell wieder handlungsfähig zu machen. Deren teilweise äußerst günstigen Angebote gingen noch vor der Vorstandsklausur am 29.3 bei der kVert ein.

Dennoch lehnte die kVert diese Angebote ohne Angabe von Gründen ab und entschied sich für einen recht späten Termin Ende Juni in Halle an der Saale, der offenbar schon seit langem von den für BPTs Beauftragten (BPTOrga) für einen ordentlichen BPT geplant war.

Am 10.4.2014 erklärte die kVert, gleichzeitig zum aBPT auch einen ordentlichen BPT einzuberufen um dort weitere Beschlüsse treffen zu können.

Am 2.5.2014 wurde begonnen die Einladungen zu versenden.

Das alles mag für den Laien auf den ersten Blick in Ordnung erscheinen. Doch der Schein trügt.

Seit dem Rücktritt gab es eine Reihe von Klagen zum Thema aBPT und BuVo vor dem Bundesschiedsgericht (BSG) mit sehr unterschiedlicher Qualität und Stichhaltigkeit der Begründungen, auf deren Inhalt im nachfolgenden eingegangen wird. Zuletzt wurde der Streit sogar von einem Mitglied leider nach außen getragen, ohne parteiinterne Wege zu nutzen.

Die Probleme

Folgende mögliche worst-case Szenarien stehen zur Diskussion (Horror-Trigger-Warnung! :):

  • die Mittel der Partei würden unnötig für den aBPT vergeudet und es bliebe kein Geld mehr für einen weiteren BPT in 2014
  • die Beschlüsse des aBPT wären unwirksam und es fehle damit weiterhin ein handlungsfähiger BuVo
  • die Konflikte würden wegen der Verfehlungen weiter eskalieren und zu einem massivem Verlust an Aktiven führen
  • es könnte kein ordnungsgemäßer Rechenschaftsbericht für 2013 abgegeben werden, wenn ein satzungsgemäßer Schatzmeister fehlt
  • auf Grund ausbleibender Parteienfinanzierung oder massiver Fehlplanung würde die Partei 2015 in Insolvenz geraten
  • Verwaltungsmitglieder würden sich nach §31d PartG strafbar machen, indem sie unberechtigt über Spenden verfügen
  • die kVert wäre gar nicht die rechtmäßige Vertretung der Partei und würde wegen Veruntreuung angezeigt
  • die kVert müsste gegenüber der Partei wegen grob fahrlässig verursachten Mehrkosten oder gar Gesamtkosten eines unwirksamen BPT haften

Die gute Nachricht: diese Szenarien liessen sich relativ einfach vermeiden.

Die schlechte Nachricht: die kVert geht bisher maximale Risiken ein, die diese Szenarien wahr werden lassen können

Klarstellung: Im folgenden habe ich (IANAL) verschiedene begründete Einschätzungen der Rechtslage von "Profi-Juristen" der Partei zusammengetragen, insbesondere aus deren mir vorliegenden Klageschriften. Teils habe ich diese um meine eigene ergänzt (extra gekennzeichnet) oder zumindest durch jene gegenprüfen lassen. Ich selbst beschäftige mich seit Jahren intensiv mit Parteien- und Vereinsrecht. Wenn ich dennoch etwas falsch wiedergegeben habe sollte, bitte ich um freundliche Korrekturhinweise statt den üblichen ad hominem Angriffen. Wie bekannt, gibt es in der Juristerei mehr Meinungen als Juristen, ist ein Juraabschluß weder notwendig noch hinreichend für juristische Expertise, und auch Gerichte verkünden nicht die endgültige Wahrheit, insbesondere nicht Schiedsgerichte mit Laienrichtern. Somit sind alle Aussagen stets mit Vorsicht zu geniessen :)

Warnung: Parteien sind keine normalen Vereine. Denn als eine deutsche Spezialität schreibt Art. 21 Abs. 1 GG den Parteien die innerparteiliche Demokratie vor, die in im Parteiengesetz (PartG) konkretisiert wurde. Daher gilt primär das PartG, und das nachrangige Vereinsrecht kann nicht 1:1 angewendet werden, sondern muss immer im Kontext des übergeordneten PartG ausgelegt werden.

Die Vertretung der Partei

Parteien müssen laut Gesetz (BGB §26) einen Vorstand haben, der sie nach innen und nach außen vertritt. Man unterscheidet zwischen Aktivvertretung (Abschluss von Verträgen, Einladungen, Klagen, Finanztransaktionen usw.) und Passivertretung (z.B. Annahme von Willenserklärungen, Anträgen wie in §12 Abs. 2).

Das PartG macht dazu einige Vorgaben (Auszug PartG §11)

(1) Der Vorstand wird mindestens in jedem zweiten Kalenderjahr gewählt. Er muß aus mindestens drei Mitgliedern bestehen.
(3) Der Vorstand leitet den Gebietsverband und führt dessen Geschäfte nach Gesetz und Satzung sowie den Beschlüssen der 
 ihm übergeordneten Organe. Er vertritt den Gebietsverband gemäß § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 
 soweit nicht die Satzung eine abweichende Regelung trifft.

Auszug PartG §9:

(1) Die Mitglieder- oder Vertreterversammlung (Parteitag, Hauptversammlung) ist das oberste Organ des jeweiligen Gebietsverbandes. 
(4) Der Parteitag wählt den Vorsitzenden des Gebietsverbandes, seine Stellvertreter und die übrigen Mitglieder des Vorstandes, 
 die Mitglieder etwaiger anderer Organe und die Vertreter in den Organen höherer Gebietsverbände, soweit in diesem Gesetz nichts anderes zugelassen ist.
(5) Der Parteitag nimmt mindestens alle zwei Jahre einen Tätigkeitsbericht des Vorstandes entgegen und faßt über ihn Beschluß.
 Der finanzielle Teil des Berichts ist vor der Berichterstattung durch Rechnungsprüfer, die von dem Parteitag gewählt werden, zu überprüfen.

Die Bundessatzung legt Genaueres fest. Bestimmungen, die dem PartG widersprechen, sind unwirksam. Laut PartG können die Mitglieder des Bundesvorstandes ausschließlich vom Bundesparteitag gewählt werden. Mittels Satzung dürften gemäß PartG §11 Abs. 2 zusätzlich Mandatsträger in den Vorstand aufgenommen oder ledigliche beratende Mitglieder kooptiert werden. Diese Möglichkeit nutzt die Satzung jedoch nicht. Daraus folgt, dass z.B. Alex Zinser (kVert-Mitglied) nicht Mitglied des Bundesvorstand - schon gar nicht stimmberechtigt - sein kann. Auch eine vom BuVo ernannte kommissarische Vertretung ist kein Bundesvorstand und eine Selbstbezeichnung als "kommissarischer Bundesvorstand" grob irreführend. Genauso wenig ist eine Generallvollmacht zulässig. [quelle] Schliesslich hat der BPT gewisse Personen und nicht einen ihnen unbekannten Schattenvorstand gewählt.

Die Zusammensetzung des Bundesvorstands ist in §9a geregelt (Auszug):

(1) Der Bundesvorstand besteht aus dem Vorsitzenden und dessen Stellvertreter, dem politischen Geschäftsführer und optional dessen Stellvertreter,
 dem Schatzmeister und optional dessen Stellvertreter, und dem Generalsekretär und dessen erstem, und optional zweitem Stellvertreter.
 Die Vorsitzenden und politischen Geschäftsführer sind für die politische Leitung und politische Außenvertretung, die Schatzmeister für die 
 Finanzangelegenheiten, und die Generalsekretäre für die innerparteiliche Organisation und Verwaltung zuständig. 
 Scheidet ein Amtsträger aus dem Vorstand aus, übernimmt dessen Stellvertreter sein Amt.
(2) Der Bundesvorstand vertritt die Piratenpartei Deutschland nach innen und außen. 
 Er führt die Geschäfte auf Grundlage der Beschlüsse der Parteiorgane.
(3) Die Mitglieder des Bundesvorstands werden vom Bundesparteitag mindestens einmal im Kalenderjahr gewählt. 
 Der Bundesvorstand bleibt bis zur Wahl eines neuen Bundesvorstands im Amt. 
 Ist ein Vorstandsamt durch Rücktritt oder eine geheim abzustimmende Abwahl unbesetzt, so kann dieses vom Bundesparteitag
 durch Nachwahl neu besetzt werden. Die Amtszeit eines nachgewählten Vorstandsmitgliedes endet spätestens mit der Neuwahl des Vorstandes. 

Auch nach dem Rücktritt von 3 von 7 Mitgliedern hat die Partei weiterhin einen BuVo, den RestBuVo. Dieser ist laut Satzung handlungsunfähig, weil er durch den Rücktritt aus weniger als fünf gewählten Mitgliedern besteht (§9a Abs. 10 S. 2), aber immer noch mehr als 3 Mitglieder hat (PartG §11 Abs. 1). Mit der Handlungsunfähigkeit ist jedoch nicht dessen Passivvertretung eingeschränkt (jurisPK-BGB §26 Rn 25). Vielmehr können durch die Satzung die Kompetenzen des BuVo eingeschränkt werden. Grundsätzlich darf ein BuVo alles, was ihm nicht das Gesetz oder Satzung verbietet. Und da das PartG so repräsentativ angelegt ist, dass ein BPT mit Neuwahl alle zwei Kalenderjahre ausreichen würde und dazwischen der BuVo alles - wie z.B. in der CDU -, was nicht den Beschlüssen des BPT widerspricht, tun und lassen dürfte, hat ein BuVo normalerweise große Freiheiten. Daher entziehen andere Parteien ihren Vorstände mittels Satzung einen Teil der Kompetenzen und übertragen diese auf z.B. Parteikonvent, Länderrat, Bundesaussschuss oder Bundesparteitag etc. In der Piratenpartei wird jedoch der Bundesvorstand nur unter der Bedingung des Handlungsunfähigkeit eingeschränkt. Dabei gibt es die "einfache" Handlungsunfähigkeit §9a Abs. 10 und die "volle" Handlungsunfähigkeit Abs. 11.

"einfache" Handlungsunfähigkeit Abs. 10

Falls die Bedingungen von Abs. 11 nicht zutreffen (dazu später mehr), gelten die letzten zwei Sätze von §9a Abs. 10.

Tritt ein Vorstandsmitglied zurück bzw. kann dieses seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen, so geht seine Kompetenz 
wenn möglich auf ein anderes Vorstandsmitglied über. Der Bundesvorstand gilt als nicht handlungsfähig, wenn
   1. der Vorstand höchstens vier handlungsfähige Mitglieder besitzt.
   2. der Vorstand sich selbst für handlungsunfähig erklärt.
In einem solchen Fall ist unverzüglich eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen und vom restlichen Bundesvorstand
zur Weiterführung der Geschäfte eine kommissarische Vertretung zu ernennen. Diese endet mit der Neuwahl des gesamten Vorstandes.

d.h.

  1. der RestBuVo hat zur Weiterführung der Geschäfte eine kommissarische Vertretung (kVert) zu ernennen;
  2. es ist unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Verzögern, ein aBPT einzuberufen (ob vom RestBuVo oder kVert ist nicht eindeutig).

Das heisst, obwohl der RestBuVo handlungsunfähig ist und damit keine Beschlüsse mehr treffen darf, werden ihm diese Ausnahmen gestattet. Da der RestBuVo keine Beschlüsse außer diesen treffen kann, kann er z.B.

  • nicht mehr seine nun bedeutungslose Geschäftsordnung ändern;
  • nicht mehr per Beschluß die Kompetenzen auf andere RestBuVo Mitglieder übertragen;
  • nicht mehr beschließen, einen ordentlichen BPT einzuberufen (§9b Abs. 2);

Der RestBuVo ist der Ansicht, dass Abs. 10 zutrifft und ernannte umgehend die Mitglieder des RestBuVo als kVert (fälschlicherweise als "kommissarischer Bundesvorstand" bezeichnet).

Einige vertreten die Ansicht, dass der RestBuVo sich nicht selbst als kVert ernennen könne, weil dies ein Insichgeschäft BGB §181 darstelle. Die Begründung halte ich für weit hergeholt, weil sich BGB §181 auf die Außenwirkung bezieht (jurisPK-BGB §181 Rn ). Wenn überhaupt käme BGB §34 zur Anwendung, der Mitglieder von Beschlüssen ausschließt, die Rechtsgeschäfte mit ihnen selbst betreffen (z.B. Entlastung). Man könnte evtl. argumentieren, dass kein stimmberechtiges Mitglied übrigbliebe, wenn alle sich selbst ernennen.

Unterschied zwischen BuVo und der kommissarischen Vertretung

Die Bedenken sind unter der Annahme nachvollziehbar, dass alle Rechte und Pflichten des BuVo auf die kommissarische Vertretung übergehen würden. Wenn dies der Fall wäre, wäre mit der Selbsteinsetzung des RestBuVo als kommissarische Vertretung die Handlungsunfähigkeit wieder aufgehoben und damit die Regelung sinnlos. Zusätzlich wurde eine solche Auslegung ermöglichen, sich durch einen Schatten-BuVo zu ersetzten, da sich nach §9a Abs. 10 der BuVo jederzeit per Beschluss selbst für handlungsunfähig erklären kann und dann das Recht hätte andere als BuVo zu ernennen. Wie oben beschrieben, ist das mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Diese Auslegung ist daher abzulehnen, und stattdessen schon vom Wortlaut her davon auszugehen, dass die kVert nicht die gleichen Rechte und Pflichten wie ein BuVo hat.

Die kVert ist ein eigenes vom BuVo unabhängiges Gremium. Ob dieses personenidentisch mit dem RestBuVo sein darf, kann man streiten. Die Satzung trifft dazu keine genaueren Vorgaben. Denkbar wäre bereits eine einzelne Person (Geschäftsführer), mindestens drei (PartG) oder fünf (§9a Abs. 10). Mit fünf Mitgliedern ist man somit auf der sicheren Seite.

Naheliegender ist die Auslegung, dass die kVert relativ frei vom RestBuVo bestimmt werden kann, dafür aber nur sehr eingeschränkte Rechte und besondere Pflichten hat. Dies entspricht der Praxis der Bestellung von Notvorständen durch Amtsgerichte (BGB §29) mit nur beschränkten Aufgaben (z.B. Einberufung Mitgliederversammlung) und Vertretungsmacht.

Laut PartG §11 Abs. 3 hat der BuVo zwei Aufgaben

  1. den Bundesverband zu leiten
  2. die Geschäfte des Bundesverbandes nach Gesetz und Satzung sowie den Beschlüssen der ihm übergeordneten Organe zu führen

§9a Abs. 10 nennt aber ausdrücklich nur die "Weiterführung der Geschäfte" für die kVert, und nicht die anders als in Vereinen wichtige politische Leitung der Partei (Lenski §11 Rn 23, Ipsen §11 Rn 22ff, Wißmann §11 Rn 13). Die politische Leitung, also Entscheidungen der politischen Positionierung, Ausrichtung und wesentlicher politischer Bedeutung, wie z.B. die Vorbereitung eines ordentlichen BPTs incl. dessen Tagesordnung (§9b Abs. 2), wäre damit bis zur Neuwahl eines (repräsenativen) BuVos ausgesetzt.

Ferner ist "unverzüglich eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen", wobei hier selbstverständlich Verträge abzuschliessen werden sein, die in die "Weiterführung der Geschäfte" fallen.

"volle" Handlungsunfähigkeit Abs. 11

Es gibt aber noch den schwerwiegenderen Fall von §9a Abs. 11, der eintritt, wenn der BuVo 1. geschlossen zurücktritt, oder 2. seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann (dies wird gerne überlesen!)

Tritt der gesamte Vorstand geschlossen zurück oder kann seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen, so führt der dienstälteste Landesverbandsvorstand
kommissarisch die Geschäfte bis ein von ihm einberufener außerordentlicher Parteitag schnellstmöglich stattgefunden und einen neuen Bundesvorstand
gewählt hat.

Es lässt sich stichhaltig begründen, dass mit dem Rücktritt des Schatzmeisters tatsächlich Fall 2 eingetreten ist, d.h. der BuVo nicht mehr seinen Aufgaben nachkommen kann. In diesem Fall übernimmt automatisch der dienstälteste Landesvorstand (aktuell Bremen) die kommissarische Vertretung. Um das zu verstehen, muss man sich die besondere Bedeutung des Schatzmeisters und dessen Aufgaben klar sein:

Schon in der Gesetzbegründung des neuesten PartG steht "Die Stellung der Schatzmeister wird im Interesse der innerparteilichen Demokratie gestärkt." Ohne Schatzmeister ist der Bundesverband nicht in der Lage, seinen gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgaben nachzukommen. Das PartG schreibt vor:

  1. der Rechenschaftsbericht der Partei muss "von einem vom Parteitag gewählten für die Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglied unterschrieben werden", § 23 Abs. 1 PartG.
  2. Spenden an die Partei sind von Mitgliedern als Empfänger gem. § 25 Abs.1 PartG "unverzüglich an ein für Finanzangelegenheiten von der Partei satzungsmäßig bestimmtes Vorstandsmitglied weiterzuleiten" (Kersten §25 Rn 19ff, 27, 31ff), da sie sich sonst nach §31d Abs.1 Satz 1 Nr.3 PartG strafbar machen könnten (Ipsen §31 Rn 42ff, "Schwarze Kassen").
  3. Um Spenden erlangen zu können, müssen sie nach §25 Abs. 1 PartG in den Verfügungsbereich eines (satzungsgemäß) für Finanzangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglieds oder hauptamtlichen Mitarbeiters geben (Ipsen §25 Rn 15, Kersten §25 Rn 24, 40, 42, Lenski §25 Rn 12ff).

Darüber hinaus wird dem Schatzmeister in § 1 Finanzordnung "die Verwaltung der Finanzen und die Führung der Bücher" zugewiesen. Ausnahmen oder Übertragungen dieser Tätigkeit auf andere Personen sind nicht vorgesehen. Die Verwaltung der Finanzen sowie die Buchführung gehören jedoch zu den Kernaufgaben eines Vorstandes, die er jederzeit in der Lage zu erfüllen sein muss.

Der Bundesparteitag 2013.2 hat lediglich den zurückgetretenen Stefan Bartels als Schatzmeister bestimmt. Gem. §9a Abs.1 S.2 sind alleine "die Schatzmeister für die Finanzangelegenheiten" verantwortlich. Auch die Geschäftsordnung des Bundesvorstandes bestimmt Stefan Bartels zum Schatzmeister. Mangels stellvertretendem Schatzmeister kann dessen Kompetenz automatisch nicht gemäß §9a Abs.1 S.3 auf ein anderes Vorstandsmitglied übergehen (Lenski §25 Rn 17). Selbst wenn die Satzung eine Übertragung über diese festgelegten Geschäftsbereiche hinweg erlauben würde, wäre der handlungsunfähige BuVo nicht mehr zu einem solchen Beschluss ermächtigt. Wer auch immmer sich in der kVert die Finanzangelegenheiten kümmert, ist also nicht zu einem satzungsgemäßen für Finanzangelegenheiten zuständiges Vorstandsmitglied geworden und erfüllt damit nicht die Anforderungen des PartG.

Laut dem zurückgetretenen Schatzmeister gab es zumindest bis zu dessen Rücktritt auch keinen hauptamtlichen Mitarbeiter, der laut Dienstvertrag zur Annahme von Spenden berechtigt ist, und den überwiegenden Teil seiner Arbeitskraft in den Dienst der Partei stellt (Ipsen §25 Rn 15), d.h. abhängig beschäftigt ist (Lenski §25 Rn 13). Selbst wenn die Neueinstellung eines Mitarbeiters oder Veränderung von Arbeitsverträgen in der Kompetenz der kommissarischen Vertretung, welche sich auf die Weiterführung der Geschäfte beschränkt, erfasst sein sollte, müsste dieser Mitarbeiter selbst dann gegenüber dem nicht vorhandenden Schatzmeister weisungsgebunden sein (Kersten §25 Rn 24). Auch mit einem solchen hauptamtlichen Mitarbeiter könnte immer noch nicht die Weiterleitungspflicht für Spenden erfüllt werden.

Aus diesen Gründen sehe ich diesen schwerwiegenderen Fall eingetreten. Im Vergleich zu Abs. 10 wird hier durch aBPT "schnellstmöglich stattgefunden [hat]" bekräftigt, dass allerhöchste Eile bei der Einberufung des aBPT geboten ist.

Um zu vermeiden, mit den Strafvorschriften von §31d in Kontakt zu kommen, sollte die Finanzverwaltung im Bund vollkommen die Finger von eingehenden Spenden lassen, bis ein neuer Schatzmeister gewählt ist, und Spendern stattdessen empfehlen an Untergliederungen mit gewählten Schatzmeister zu spenden.

Der außerordentliche Bundesparteitag

Unstrittig ist, dass die kVert für einen unverzüglichen außerordentlichen BPT zu sorgen hat. Dazu gehört die Leitung der Vorbereitung und Abschluß dazu notwendiger Verträge. §9b Abs. 3 regelt dazu

Ist der Bundesvorstand handlungsunfähig, kann ein außerordentlicher Bundesparteitag einberufen werden.
Dies geschieht schriftlich mit einer Frist von zwei Wochen unter Angabe der Tagesordnung und des Tagungsortes.
Er dient ausschließlich der Wahl eines neues Vorstandes.

Zeit und Ort

Als einziges Kriterum ist "unverzüglich", also ohne schuldhaftes Verzögern vorgegeben (BGB §121). Selbstverständlich muss das Angebot auch durchführbar und für die Partei finanziell zumutbar sein. Andere Kriterien sind dagegen absolut nachrangig. Erstaunlichweise nannte die kVert alle irrelevanten Kriterien als für die Entscheidung maßgeblich, ohne das wichtigste, den frühesten Termin, eines Wortes zu würdigen. Anstatt ergebnisoffen nach dem frühestmöglichen und erschwinglichen Termin zu suchen, wurde die BPTOrga vom kVert beauftragt, nach einer Halle für Ende Juni im Osten Deutschlands zu suchen. Dies schien den früheren Planungen der BPTOrga für einen ordentlichen BPT 14.2 entgegen zu kommen, für den sie bereits Hallen im Osten besichtigt hatte. Auch die Anforderungen des Gespanns kVert/BPTOrga scheinen an die Partei zu ihren besten Zeiten zu erinnen: 2000 Personen und die komplette Luxusaustattung mit Internet, Strom, eigenem Catering, Gebärchensprachdolmetscher etc.

Angesichts von

  • deutlichen sinkenen Mitglieder- und Teilnehmerzahlen auf BPTs (zuletzt nur noch 780),
  • einem Budgetplan für 2014, der schon von Anfang an mit Verlusten gerechnet hatte und
  • durch weit über der Planung liegenden Kosten der vorhergehenden BPTs (z.B. BPT13.2 120.000 EUR mit alleine 50.000 EUR Reisekosten für hunderte Helfer),

wären absolute Sparmaßnahmen angebracht. Dazu hätte z.B. hinterfragt werden müssen, ob für diesen laut Satzung reinen Wahlparteitag

  • jedes Mitglied unbedingt eigenen Internetzugang, Steckdose und Tisch erhalten müsse
  • statt Gebärchensprachdolmetscher ersatzweise das Liveprotokoll ausreichen würde
  • der Auf/Abbau und die Technik nicht viel günstiger durch bezahltes und geschultes Personal des Vermieter erledigt werden könne, anstatt aus dem gesamten Bundesgebiet aufwendig hunderte ehrenamtlich Helfer herbei zu kutschieren.

Bereits von Jahrzehnten konnte andere Parteien und Vereine solche Großveranstaltungen für Wahlen ohne besondere Technik durchführen. Doch die Piratenpartei wäre dazu nicht im Stande, nicht einmal, wenn dies ein externer Dienstleister übernimmt?

Zusätzlich zum BPTOrga Angebot legten engagierte Mitglieder der kVert rechtzeitig attraktive Angebote für Veranstaltungen im Zeitraum von 10.Mai bis zum 28.Juni vor. Diese wurden von der kVert jedoch schlichtweg ignoriert, und das, obwohl diese Angebote

  1. teilweise wesentlich günstiger als das von der BPTOrga vorgelegte waren,
  2. zu deutlich früheren Terminen verfügbar waren,
  3. mitunter Komplettangebote ohne Bedarf von ehrenamtlichen Helfern waren, so dass eine Nichtverfügbarkeit von grossen Teilen der BPTOrga irrelevant waren.

Ein Beispiel: Zusammen mit einem bekannten Veranstaltungsmeister der Partei, der viel Erfahrung mit der Organisation und Durchführung von Grossveranstaltungen hat, legte die SG Event Bayern ein äußert günstiges Angebot (ca 11.000 EUR) für den 30.5/1.6 vor. Bei diesem Angebot wären keine externen ehrenamtlichen Helfer (außer die Hallenunabhängige VL/WL, Presse) notwendig gewesen, da alles durch Vermieter erledigt werden könnte. Mit Hilfe der SG Event hätten optional ohne Aufpreis auch schnelles Internet für jeden angeboten, sowie noch weitere Kosten gespart werden können. Die Halle hätte ohne weiteres 1100 Personen, mit optionalem Zusatzaufbau über 1400 Personen aufgenommen. Damit hätte recht schnell, ohne Belastung von etlichen ehrenamtlich Helfern, und besonders günstig ein neuer Vorstand gewählt werden können.

Ob die Einberufung von der kVert schuldhaft verzögert und der Partei unnötige Mehrkosten verursacht wurden, möge der Leser selbst entscheiden.

Einberufung

Steht ein Ort und Termin fest, so ist unverzüglich zum aBPT einzuberufen. Die verkürzte Frist von zwei Wochen bedeutet nicht, dass genau, sondern spätestens zwei Wochen vor dem Termin einzuladen ist.

Eine Einberufung durch nicht dazu Berechtigte stellt allerdings einen Ladungsmangel dar, der zur Unwirksamkeit der Beschlüsse führen würde. Selbstverständlich müsste dazu dies jemand anfechten, doch bei der aktuellen Klagefreudigkeit und Zerstrittenheit sollte niemanden diese Möglichkeit völlig unnötig auf dem Präsentierteller serviert werden.

Selbst wenn man die Einschätzungen zur Handlungsunfähigkeit nach §9a Abs. 10 und 11 nicht teilt, wäre es am vernünftigsten, zumindest alle plausiblen Szenarien zu bedenken, und so zu handeln, dass unter keinem ein grösserer Schaden entstehen kann.

Nach §9a Abs. 10 ist es nicht klar, RestBuVo oder kVert einzuberufen habe. Demnach wäre es am sichersten, die Einberufung durch RestBuVo und kVert zusammen durch zu führen (RestBuVo hilfsweise kVert). Falls wiederum §9a Abs. 11 zutrifft, sollte die kVert nach Abs. 10 und der dienstälteste LaVo nach Abs. 11 gemeinsam die Verträge abschliessen, um sich bzgl. mangelnder Vertretungsmacht abzusichern. Zusätzlich sollte sich der dienstälteste LaVo der Einberufung anschliessen. Am einfachsten wäre es, wenn der RestBuVo den dienstältesten LaVo als kVert nach Abs. 10 ernennt oder gleich komplett zurücktritt um sicher Abs. 11 eintreten zu lassen.

Manche äußerten Bedenken, dass die Einladung kostspielig per Brief statt E-Mail erfolgen müsse, weil §9b Abs. 3 S. 2 im Vergleich zu §9b Abs. 2 nur die schriftliche Form nennt. Die Schriftform ist aber nur bei gesetzlichen Formerfordernis (z.B. bei Behörden) streng auszulegen. Für Vereine reicht es laut Rechtsprechung, insbesondere wenn es bereits gängige Praxis ist, den Text per E-Mail zu versenden.

Tagesordnung und Aufgaben

§9b Abs. 3 S.3 legt fest, dass der aBPT "ausschließlich der Neuwahl" dient. Andere Beschlüsse wären also nicht zulässig und unwirksam.

Fraglich ist daher, ob der "TOP 4: Tätigkeitsberichte und Entlastung des Bundesvorstands" in der Einladung zum aBPT zulässig ist.

Offensichtlich ist, dass eine Neuwahl auch ohne Entlastung möglich ist. Alleine schon deswegen, weil eine Entlastung nur geschieht, falls der BPT dieser zustimmt und die TOP auf der Tagesordnung lässt. Die Entlastung ist lediglich ein freiwilliges Entgegenkommen gegenüber Vorständen, die sie von der Haftung bzgl. dem BPT bekannten Tätigkeiten beschränkt. PartG §9 Abs. 5 bestimmt lediglich, dass über die Entlastung mindestens alle zwei Jahre abgestimmt werden muss.

§9b(9) Der Bundesvorstand liefert zum Parteitag einen schriftlichen Tätigkeitsbericht ab. Dieser Umfasst alle Tätigkeitsgebiete der Vorstandsmitglieder, wobei diese in Eigenverantwortung des Einzelnen erstellt werden. Wird der Vorstand insgesamt oder ein Vorstandsmitglied nicht entlastet, so kann der Bundesparteitag oder der neue Vorstand gegen ihn Ansprüche gelten machen. Tritt ein Vorstandsmitglied zurück, hat dieser unverzüglich einen Tätigkeitsbericht zu erstellen und dem Vorstand zuzuleiten.

Legt man §9b Abs. 4 und 7 so aus, dass an jedem Bundesparteitag eine Wahl von Rechnungsprüfern und eine Entlastung stattfinden kann, müsste konsequenterweise auch Abs. 5 (Beschluß über SGO und Finanzordnung) und Abs. 8 (Kassenprüfer) gelten, was aber offensichtlich in Widerspruch zur Ausschliesslichkeit der Neuwahl steht. (Auch auf früheren Programmparteitagen wurde nicht über Entlastung beschlossen.)

Fraglich ist auch, ob §9b Abs. 8 wegen "Die Amtszeit der Kassenprüfer ist deckungsgleich mit der Amtszeit der Mitglieder des Bundesvorstandes." und der Neuwahl des BuVo zwingend eine Neuwahl der Kassenprüfer erfordern würde. Diese Formulierung ist recht unklar, da die Amtszeit der BuVo-Mitglieder nicht gleichzeitig enden muss (z.B. Rücktritt). Allerdings wird in §9a Abs. 3 die Amtsdauer mit "Der Bundesvorstand bleibt bis zur Wahl eines neuen Bundesvorstands im Amt" festgelegt, so dass aus einer sinngemäße Anwendung auf die Kassenprüfer diese im Amt bleiben, bis neue Kassenprüfer gewählt sind.

Wahlverfahren

Die Piratenpartei hat es seit Bestehen versäumt, das Wahlverfahren in ihre Satzung festzuschreiben. Stattdessen wird von Parteitag zu Parteitag mit der Geschäftsordnung immer wieder das Wahlverfahren verändert, auch wenn sich grundsätzlich eine Form der Akzeptanzwahl etabliert hat.

Akzeptanzwahl

Die verwendete Variante der Akzeptanzwahl (Kreuz für Kandidat ist Ja, kein Kreuz als Nein-Stimme) hat aber nur einen Vorteil: sie ist recht schnell und einfach auszuzählen. Dem stehen ein ganze Reihe von Nachteilen entgegen:

  • Es gibt keine Möglichkeit sich für einzelne Kandidaten zu enthalten. Man kann sich nur durch nicht-Teilnahme komplett enthalten.
  • Die Stimmzettel sind leicht (durch Wahlhelfer) fälschbar, da es kein explizites Nein-Feld pro Kandidat gibt, bzw. ein Nein ist nicht explizit zu erkennen.
  • Die Akzeptanzwahl zwingt insbesondere in Verbindung mit dem gleichzeitigen Erfordernis des 50% Quorums (genauer einfache Mehrheit, §15 Abs. 1 PartG) für den Gewinner sehr zu taktischem Wählen. Für optimales Wahlverhalten sollte man nur den eigenen Top-Favoriten eine Stimme geben, und allen anderen, auch akzeptablen, keine. Dadurch wird es aber unwahrscheinlicher, dass ein Kandidat die einfache Mehrheit erreicht, und dementsprechend werden weitere aufwendige Wahlgänge notwendig. Auch bei mehrfacher Wiederholung ist nicht sichergestellt, dass ein Kandidaten eine Mehrheit erreicht. Häufig versucht die Wahlleitung dann die Wähler zu überzeugen, nicht so streng mit dem Vergeben von Stimmen zu sein.
  • Es gibt für den Wähler keine Möglichkeit anzugeben, wie sehr er einen Kandidaten gegenüber anderen bevorzugt. Er kann nur eine Reihe von Favoriten als gleich gut bewerten. Das führt dazu, dass für die meisten gerade noch akzeptable Kandidaten einen Vorteil gegenüber zwar polarisierenden, aber möglicherweise von einer Mehrheit deutlich bevorzugten Kandidaten haben. Somit wird eher das für die meisten geringste Übel ohne Ecken und Kanten statt einer markanten Persönlichkeit gewählt.
Alternativen

Aus diesem Grund haben sich Mitglieder immer wieder Gedanken gemacht, wie man das Wahlverfahren verbessern könnte.

Jedes Wahlverfahren muss dabei die Besonderheit §15 Abs. 1 PartG berücksichtigen, so dass viele aus Vereinen oder öffentlichen Wahlen bekannte Wahlverfahren nicht in Frage kommen (zumindest ohne Satzungsänderung). Denn das PartG schreibt die einfache Mehrheit auch für Wahlen vor, sofern die Satzung dies nicht abändert (Ipsen §15 Rn 3ff,7, Augsberg §15 Rn 5ff, 24ff, Lenski §15 Rn 3ff, 12. Aufstellungsversammlungen unterliegen nicht dem PartG und sind daher darin nicht einschränkt). D.h. es muss möglich sein jeden Kandidaten unabhängig mit Ja bzw. Nein Stimme anzunehmen bzw. abzulehnen. Dazu ist es auch möglich die Anzahl der Kandidaten durch ein Verfahren auf einen Kandidaten zu reduzieren und dann über diesen alleine abzustimmen.

Mehrheitswahl

Häufiger hört man den Wunsch nach "one man, one vote" bzw. der Mehrheitswahl, wie man sie von Vereinen und anderen Parteien kennt. Dabei kann jeder Wähler nur eine einzige Stimme vergeben. Diese birgt aber noch grössere Probleme als die einfache Akzeptanzwahl:

  • Um zu gewinnen, muss ein Kandidat die absolute Mehrheit aller gültigen Stimmen erhalten, nicht nur die meisten Stimmen. Weil selten ein Kandidat so sehr heraussticht, führt dies in der Regel zu weiteren Wahlgängen für Stichwahl und Bestätigung, die wiederum viel Zeit kosten. Der Grund dafür ist u.a., dass die Bundessatzung kein Wahlverfahren mit relativer Mehrheitswahl festlegt, um dies in weniger Wahlgängen zu ermöglichen.
  • Die Mehrheitswahl ist wahltheoretisch das Wahlverfahren (unter den populären), das am schlechtesten den Wählerwillen abbilden kann. Es verletzt eine ganze Reihe von wichtigen Qualitätskritieren. Z.B. führt es zu vote splitting (ähnliche Kandidaten teilen unter sich Stimmen auf), und zwingt besonders zu taktischem Wählen, da Wähler ihre Stimme nicht an ihrer Ansicht nach wenig chancenreiche Kandidaten "vergeuden" wollen (selbst wenn diese tatsächlich eine Mehrheit hätten), Es spielt also mehr eine Rolle, wie Wähler einschätzen, wenn die anderen wählen würden, anstatt welchen Kandidaten sie selbst bevorzugen.
  • Das Verfahren ist am wenigsten expressiv. Wähler können nicht den zweibesten Kandidaten oder vergleichbar gute Kandidaten angeben. Diese Information könnte aber für mehr Genauigkeit und zur Vermeidung von weiteren Stichwahlen genutzt werden.
Kombinationen

Andere schlagen eine Kombination aus Akzeptanz- und Mehrheitswahl vor. Erreicht im ersten Akzeptanzwahlgang kein Kandidat die einfache Mehrheit, gäbe es eine Stichwahl zwischen den zwei besten Kandidaten des ersten Wahlgangs. Allerdings wäre dann noch ein dritter Wahlgang zur Bestätigung des Gewinners der Stichwahl notwendig (es kann sein, dass viele keinen der Kandidaten wollen), es sei denn, man würde in der Stichwahl eine dritte Option "keine der Kandidaten" einführen.

Eine einfache Bewertungswahl ohne Feststellung der einfachen Mehrheit erfüllt ebenso wenig die PartG Anforderungen.

Eine andere Lösung wäre ein Wahlverfahren], ähnlich dem zur EU-Aufstellungsversammlung in Bochum: dazu wird eine verbundene Einzelwahl zur unabhängigen Qualifizierung (einfache Mehrheit) jedes Kandidaten mit einer Bewertungswahl zur Festlegung der Reihenfolge kombiniert. Mit der Bewertungswahl gibt jeder Wähler an, wie gut bzw. schlecht er jeden Kandidaten einschätzt. Dazu kann er jedem Kandidaten zwischen 0 bis 3 (Favoriten) Punkte vergeben. Mit der verbundenen Einzelwahl (Ja/Nein/Enthaltung) gibt der Wähler pro Kandidaten kann, ob er diesen als Gewinner akzeptieren würde, falls er in der Bewertungswahl die meisten Punkte erreichen sollte.

Dieses Verfahren zwingt die Wähler nicht zur Taktik und verringert deutlich die Wahrscheinlichkeit, dass noch ein weiterer Wahlgang stattfinden muss, weil kein Gewinner ermittelt werden konnte. Denn jeder Wahlgang (Stimmzettel ausfüllen, abgeben und auszählen) kostet recht viel Zeit, die am BPT sehr knapp ist.

GO: gewichtete Akzeptanzwahl

Da die Stimmzettel für den aBPT schon vorgegeben waren, hat sich die Gruppe zur Vorbereitung der GO zusätzlich zur klassischen Akeptanzwahl (default) auf die Möglichkeit der gewichteten Akzeptanzwahl geeinigt. Dabei kann die Ja-Stimme bei der Akzeptanzwahl weiter in 1-6 Punkte differenziert werden. Von den Kandidaten, die die einfache Mehrheit von Ja Stimmen erreichen, gewinnt derjenige mit der höchsten Gesamtpunktzahl. Dies entspricht weitgehend dem vorher beschriebenen kombinierten Wahlverfahren.

Der Wähler kann nun Kandidaten, die er für akzeptabel, aber nicht so gut wie seine Favoriten hält, eine Stimme (mindestens 1 Punkt) vergeben, ohne damit die Chancen der Favoriten zu schmälern, und gleichzeitig dafür sorgen, dass Kandidaten die 50% Hürde überwinden. Bei der normalen Akzeptanzwahl hingegen würde er lieber akzeptablen Konkurrenten seiner Favoriten keine Stimme geben, um ihre Chancen zu verbessern, und damit riskieren, dass kein Kandidat die einfache Mehrheit erreicht.

Die häufig aufgestellte Behauptung, es wäre optimal nur minimale und maximale Punktezahl bei der Bewertungswahl zu vergeben (Bullet Voting), ist ein Irrtum, insbesondere wenn nur ein Gewinner gekürt werden soll. Wer seinem Favoriten gleich viele Punkte gibt, wie seinen weniger favorisierten Kandidaten, weil er allen möglichst gute Chancen geben will, riskiert, dass der eigentliche Favorit hinter den weniger favorisierten landet. Wer den Favoriten der Gegner weniger oder gleich viele Punkte vergibt, als wirklich schlechten Kandidaten, weil er damit die Chancen der gegnerischen Favoriten möglichst schmälern will, riskiert, dass die wirklich schlechten Kandidaten doch gewinnen – “wenn sich zwei streiten, freut sich der dritte”. Wer also ehrlich seine Präferenz angibt, trägt am besten zu seinem gewünschten Ergebnis bei. In sämtlichen Rohdaten von Bewertungswahlen der Piraten war entsprechend solches “Bullet Voting” nur die Ausnahme bei Wählern.

Dieses Verfahren ist sogar sinnvoll, wenn es nur zwei Kandidaten gibt, weil es den Zwang zur Taktik der einfache Akzeptanzwahl aufhebt: Wollen z.B. 45% nur A, 30% nur B, 10% keinen und bevorzugen 15% B gegenüber A, wählen aber nur B um ihre Präferenz zum Ausdruck zu bringen, führt dies zu: 45% A (obwohl 60% A akzeptieren) und 45% B; d.h. kein Kandidat erreicht die einfache Mehrheit. Könnten sie hingegen die Ja Stimme mit bis zu 2 Punkten gewichten, ergäbe sich: 45% 2Punke A, 30% 2Punkte B, 10% 0 Punkte, und 15% 2Punkte B, 1 Punkt A -> 60% Ja für A, 45% B. A gewinnt.

Der ordentliche Bundesparteitag

folgt

Haftung

folgt

Bisherige Urteile

BSG 16-14-HS: Da ich vom Kläger sämtliche Unterlagen erhalte haben, meine Einschätzung:

  • S.4: Ein Richter, der Partner einer der Beklagten ist, kam nicht von selbst auf die Idee, sich für befangen zu erklären (SGO §5 Abs. 1). Es musste erst der Kläger (mehr als ein Monat nach Klage) einen Befangensheitsantrag stellen!?
  • S.4-5: Es wurde nahezu keine begründete Entscheidung zu der Sache getroffen, sondern die Klagen aus vermeintlichen formellen Mängeln abgelehnt. Obwohl die SGO sich nirgendwo auf die VwGO bezieht, wird plötzlich deren Regelung von Anfechtungs- und Feststellungsklagen genutzt, um die Klage abzubügeln. Nur weil der Kläger das Wort "Feststellungsklage" statt "Anfechtungsklage" genutzt hat, soll sie unzulässig sein. Eine erneute Einreichung mit dem ausgewechselten Wort und BuVo (statt dessen Namen) als Antragsgegner würde alles ändern...
  • S.5: Das BSG hat im früheren Urteil BSG 12/14-H S ohne Begründung erwähnt, dass es an der Ernennung der kVert nichts zu beanstanden habe. Nun wird dieses Urteil, obwohl die Klage Argumente liefert, dass die Ernennung nicht rechtmäßig wäre, als Begründung genommen, das weiterhin alles in Ordnung wäre. Man möchte ja keine eigenen möglicherweise fehlerhaften Entscheidungen im Lichte neuer Evidenz in Frage stellen...
  • S.5-6: Den Vogel schießt "Dass der kommissarischen Vertretung kein vom Parteitag gewählter Schatzmeister angehört ist unschädlich." ab. Es zeigt, dass das BSG den Kernpunkt der Klage offenbar vollkommen missverstanden hat. In der Klage wurde begründet, dass der BuVo - nicht die Vertretung - keinen satzungsgemäßen Schatzmeister mehr habe, die Kompetenz auch nicht mehr übertragen könne, und daher §9a Abs. 11 statt Abs. 10 zutrifft. Dass eine korrekt eingesetzte Vertretung (egal ob nach Abs. 10 oder 11) ihre Aufgaben frei verteilen kann, wurde nicht in der Klage bemängelt, wird aber im Urteil so dargestellt. Auf das Hauptargument wurde also gar nicht eingegangen.
  • S.6: Pikant ist die Begründung
Zum einen ist die Festschreibung nicht bindend für die kommissarische Vertretung, da diese eben nicht das Organ Bundesvorstand ist,
zum anderen würde im Falle des Rücktritts des Schatzmeisters bei einem handlungsfähig verbleibenden Bundesvorstand auch bei fehlen
eines stellvertretenden Schatzmeisters keine automatische Handlungsunfähigkeit eintreten, da in diesem Fall die noch generelle 
Kompetenzübergangsregelung des § 9a Abs. 10 S. 1 Bundessatzung greift. Nur wenn der Vorstand dann den Geschäftsbereich nicht zuordnet
und sich nicht selbst für handlungsunfähig erklärt, kommt er seinen Aufgaben nicht nach und die Geschäftsführung geht auf den
dienstältesten Landesvorstand über, § 9a Abs. 11 Bundessatzung.
Damit bestätigt mE das BSG implizit die Auffassung der Klage. Wäre nur der Schatzmeister zugetreten, so könnte nach Auffassung des BSG der BuVo noch dessen Aufgaben auf ein anderes BuVo Mitglied übertragen (§ 9a Abs.10 S.1). Abs. 11 würde aber laut BSG bereits eintreten, wenn 1. der BuVo die Kompetenz nicht übertragen und 2. sich nicht für nach Abs. 10 handlungsfähig erklären würde. In Abs. 11 steht aber "_kann_ seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen" und nicht "kommt seinen Aufgaben nicht mehr nach". Das BSG hält also schon die schwächere Variante des nicht-Nachkommens hinreichend für Abs. 11. Denn wer einer Aufgabe nicht nachkommen kann, kommt dieser folglich auch nicht nach. Da aber der BuVo durch die Rücktritte automatisch handlungsunfähig wurde, _kann_ er weder noch _muss_ er sich für handlungsfähig erklären, und er _kann_ die Kompetenz auch nicht mehr per Beschluss intern übertragen. Damit wären beide Bedingungen gegeben und Abs. 11 träte ein, wie die Klage feststellen lassen wollte :P
  • S.6: in mehreren Punkten (S.2 Abs. 1 und 3) gibt das BSG die Klage offenbar falsch wieder. Nirgendwo in der Klage konnte ich eine Ausführung finden, dass die Bestellung auf Grund von BGB §181 oder §34 nichtig sei, noch die Behauptung, die Außenwahrnehmung sei nicht durch die Kandidaten geprägt. Dennoch bestätigen die Ausführungen des BSG zu BGB §181 oder §34 meine Meinung (oben). Dass die Geschäftsführung auf ein anderen Organ übertragen werden könne, wurde von der Klage ebenso nicht bezweifelt (S.8-9), sondern angenommen.
  • Fazit: das Urteil redet im wesentlich an der Klage vorbei und bestätigt diese teils (unbeabsichtigt?).


Fazit

folgt