AG Humanistischer Laizismus/Entwurf Wahlprogramm

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Vorlage:Hinweis


Entwurf für Wahlprogrammantrag

Modul 1: Präambel

Die Piratenpartei setzt sich für eine moderne, pluralistische und freie Gesellschaft ein.

In einer solchen muss sich der Staat weltanschaulich neutral verhalten. Die Piratenpartei fordert daher die konsequente Trennung von Staat und Religion und die strikte Neutralität des Staates gegenüber den verschiedenen Weltanschauungen/Religionen. Beide zusammen bilden die Grundlage der Freiheit und sind Voraussetzung für ein friedliches und gleichberechtigtes Zusammenleben.

Das Grundgesetz garantiert die Freiheit der Religion. Diese Freiheit bedeutet nicht nur die Freiheit, die eigene Religion selbst zu wählen und auszuüben, sondern auch die Freiheit von religiöser Bevormundung und das Recht, frei von einem Glauben zu leben.

Im Interesse einer pluralistischen Gesellschaft ist es Aufgabe des Staates, diese Religionsfreiheit zu garantieren.


Modul 2: Weltanschauliche und religiöse Neutralität des Staates

Um die staatliche Neutralität gegenüber den Menschen aller Weltanschauungen und Religionszugehörigkeiten herzustellen, wird die Streichung jeglicher Gottesbezüge in den Verfassungen, Gesetzen und Verordnungen des Bundes und der Bundesländer gefordert.

Religiöse Symbole sind aus staatlichen Einrichtungen zu entfernen. Staatliche Gebäude und Einrichtungen sind bei Neuerrichtung nicht "einzusegnen". Überhaupt sind religiöse Handlungen bei staatlichen Veranstaltungen zu unterlassen, d. h. dass zum Beispiel Staatsakte, staatliche Gedenk- und Trauerfeiern ohne religiöse Bezüge zu gestalten sind.

Die grundsätzliche Eidesformel ist neutral zu fassen. Eidablegenden soll es freistehen, dem Eid eine persönlich gewählte religiöse Bekräftigung anzuhängen. Weiterhin sind die Verhaltensvorschriften, die der Allgemeinheit aufgrund religiöser Auffassungen auferlegt werden, in den Feiertagsgesetzen zu streichen.


Modul 3: Neutrales öffentliches Bildungswesen

Zu den Kernaufgaben der Schulen gehören die Vermittlung von Wissen, die Anleitung zu kritischem Denken und die Förderung sozialer Kompetenzen. Wir wollen deshalb, dass alle Schülerinnen und Schüler zur Einübung der Toleranz sowie zum Kennenlernen der verschiedenen Kulturen und Religionen unabhängig von ihrer Herkunft und Religionszugehörigkeit einen Ethikunterricht als Pflichtfach erhalten. Inhalt dieses Pflichtfachs sollten die ethischen Grundlagen des Zusammenlebens, die weltanschaulichen Grundlagen unserer Kultur und die Inhalte der großen Religionen sein. Dieser Ethikunterricht soll an allen staatlichen und staatlich geförderten Schulen den Religionsunterricht ersetzen.

An staatlichen und staatlich geförderten Schulen und Kindergärten sollen die Kinder und Jugendliche keine besondere religiöse oder weltanschauliche Prägung erhalten. Dabei ist zu gewährleisten, dass für alle Kinder eine staatliche oder staatlich geförderte Schule bzw. ein Kindergarten in zumutbarer Entfernung liegt.


Modul 4: Neutrale soziale Einrichtungen fördern

Der religiöse Bevölkerungsanteil in Deutschland nimmt immer stärker ab. Inzwischen sind schon ca. 38% der Bevölkerung konfessionell ungebunden. Daher kann eine Übergabe von sozialen Einrichtungen wie bspw. Kindergärten, Krankenhäusern oder Altenheimen aus öffentlicher Hand in die Hand der Kirchen nicht gerechtfertigt werden. Im Gegenteil: Soziale Einrichtungen, die derzeit in kirchlicher Hand sind, sollen, wenn möglich, in die öffentliche Hand überführt werden, da die Kosten auch heute schon größtenteils oder ganz vom Staat und den Betroffenen getragen werden.


Modul 5: Staatsverträge

Bestehende Konkordate, Staatskirchenverträge und entsprechende Staatsverträge mit Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften auf Bundes- oder Länderebene sind aufzulösen, da sie immer eine Gefährung der weltanschaulichen Neutralität des Staates darstellen. Neue Konkordate, Staatskirchenverträge und entsprechende Staatsverträge mit Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften dürfen nicht mehr abgeschlossen werden.


Modul 6: Finanzierung und Subventionen

Der Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen (Art. 140 Grundgesetz) ist umzusetzen.

Die Staatsleistungen an die Kirchen sowie die direkte und indirekte Finanzierung einzelner Glaubensgemeinschaften, etwa die staatliche Bezahlung der Klerikergehälter und der Theologieausbildung, sind zu beenden. Darunter fallen auch die versteckten Leistungen wie z.B. die der Kommunen für kirchliche Baulasten, kirchliches Personal oder Dienst- und Materialleistungen an kirchliche Einrichtungen.

Für die staatliche Bezuschussung von gemeinnützigen Projekten oder Organisationen der einzelnen Glaubensgemeinschaften müssen die gleichen Grundlagen gelten wie für andere Träger. Alle über allgemeine Gemeinnützigkeitsbestimmungen hinausgehenden Steuerprivilegien von Glaubensgemeinschaften sind abzuschaffen.

Die Kirchensteuer ist abzuschaffen. Der Staat darf keine Verwaltungsaufgaben für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften übernehmen. Steuer- und gebührenrechtliche Sondervorteile (wie Freistellung von Grundsteuern, Grunderwerbssteuern, Verwaltungsgebühren, Gerichtskosten u. Ä.) der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind abzuschaffen.


Modul 7: Datenschutz

Die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft darf von staatlichen Stellen nicht erfragt und nicht registriert werden.


Modul 8: Gleichbehandlung der Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften mit anderen Organisationen

Der Sonderstatus einzelner Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften als Körperschaft öffentlichen Rechts ist zu beenden, die Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften sind nach dem allgemeinen Vereinsrecht zu behandeln.

Das Kirchenrecht darf in der Rechtsprechung nur in dem Rahmen berücksichtigt werden, in dem auch Satzungen von Vereinen berücksichtigt werden. Bis diese Umstrukturierung vollzogen ist, muss die Kirchenaustrittserklärung gebührenfrei und formlos als einseitige Willenserklärung möglich sein.

Gesetze, die einem besonderen Schutz von Glaubensgemeinschaften dienen und somit eine Gleichberechtigung verhindern, sind zu streichen. Insbesondere ist der so genannte Blasphemieparagraph §166 StGB (Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen) ersatzlos zu streichen.

Da keine Staatskirche existiert, sind Religionsgemeinschaften in staatlichen wie auch internationalen Gremien konsequent als NGO einzustufen.


Modul 9: Staatliche Forschung und Lehre

Forschung und Lehre müssen rational, ergebnisoffen und undogmatisch betrieben werden.

Insofern sollen in staatlichen Einrichtungen religiöse Lehren nur unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten gelehrt und erforscht werden. Theologische Fakultäten in staatlichen Hochschulen und Universitäten sind daher abzuschaffen.

Die Besetzung von Lehrstühlen darf nicht beeinflusst sein von Kirchen, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften; für die Besetzung von Lehrstühlen darf ausschließlich die Eignung und Qualifikation der Kandidaten ausschlaggebend sein. Insbesondere Konkordatslehrstühle sind abzuschaffen. Staatliche Zuschüsse zu kircheneigenen Universitäten und Hochschulen sind einzustellen.


Modul 10: Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen

In allen kirchlichen Einrichtungen müssen das Betriebsverfassungsgesetz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in vollem Umfang Anwendung finden. Insbesondere dürfen die Rechte der Beschäftigten in diesen Einrichtungen über die für alle Tendenzbetriebe geltenden Besonderheiten hinaus nicht beschnitten werden.

Die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft oder die private Lebensführung des Einzelnen darf kein Diskriminierungsgrund und kein Entlassungsgrund sein für Beschäftigte, die keine Tendenzträger sind.


Modul 11: Seelsorge und Missionierung

Die Religionsgemeinschaften müssen Missionierung und Seelsorge ausschließlich aus Eigenmitteln bestreiten. Insbesondere ist die staatliche Finanzierung von Militär-, JVA- und Polizeiseelsorge einzustellen und durch einen weltanschaulich neutralen psychologischen Betreuungsdienst zu ersetzen.

Der bisher von den Militärpfarrern gegebene, aber für alle Wehrdienstleistenden verbindliche „Lebenskundliche Unterricht“ ist in einen neutralen, von einer dafür geeigneten pädagogischen Lehrkraft erteilten Ethikunterricht umzugestalten. Öffentlich finanzierte Soldatenwallfahrten und ähnliche Unternehmungen sind nicht statthaft.

Geistliche und Theologiestudenten sind – solange die gesetzliche Wehrpflicht besteht – allen übrigen Wehrpflichtigen gleichzustellen und zum Militär- oder Zivildienst heranzuziehen.

Begründung (nicht Teil des Antrags): Da die Wehrpflicht derzeit nur per Verordnung ausgesetzt ist, besteht immer noch ein Bedarf an der Abschaffung der gesetzlichen Sonderregelungen.


Modul 12: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Die weltanschauliche Neutralität gebietet es, keine Vertreter von Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften mittelbar öffentliche Gewalt ausüben zu lassen. In Rundfunkräten dürfen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften daher keinen Sitz haben.

Außerhalb der Werbeblöcke darf der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht zur Missionierung benutzt werden. Öffentlich-rechtliche Kirchenredaktionen wirken in der Regel als verlängerter Arm der kirchlichen Medienarbeit und sind daher aufzulösen.


Modul 13: Weltanschauliche Neutralität von Kontrollinstanzen

Die weltanschauliche Neutralität gebietet es, keine Vertreter von Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften mittelbar öffentliche Gewalt ausüben zu lassen. In Kontrollinstanzen (wie Ethikräten, Bundesprüfstellen, Schul-, Jugend- und Sozialausschüssen u.ä.) dürfen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften daher keinen Sitz haben.