Bundestagswahl 2009/Wahlprogrammvorschlag/Patiententestament

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50px Dieser Artikel ist keine offizielle Aussage der Piratenpartei; die Idee ist von ulrich schumacher aka Florian.turm 13:09, 10. Jun. 2009 (CEST)

Wenn du meinst diese Idee erweitern zu können, tu es. Diskutiert ihr zu mehreren an der Idee, könnt ihr auch die Vorlage:Diskussion setzen.

Vorschlag für das Wahlprogramm

"Als eine Konsequenz aus der Europäischen Menschenrechtskonvention genießt jeder Mensch Entscheidungsfreiheit und Rechtssicherheit bei Patiententestament, Patientenverfügung und Pflegeverfügung. Er hat das unveräußerliche Recht, über Art und Zeitpunkt der Beendigung des eigenen Lebens zu entscheiden.

Dies schließt auch die Freiheit zur Entscheidung ein, 'Sterbehilfe' (Begleiteter Freitod/Assozierter Suizid), analog zu dem in der Schweiz geltenden Modell, legal und unbeschränkt in Anspruch nehmen zu wollen."

Patiententestament, Patientenverfügung und Pflegeverfügung


Patiententestament


Patientenverfügung


Pflegeverfügung



'Sterbehilfe': Begleiteter Freitod/Assozierter Suizid

Europäische Menschenrechtskonvention

Artikel 8 der Europäische Menschenrechtskonvention
  1. Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
  2. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff
    gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale
    Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung
    und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der
    Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.


Menschenrechte sind definitionsgemäß universal. Sie dürfen nicht relativiert also in ihrer Wirkung eingeschränkt oder an Bedingungen geknüpft werden.

"Zum Selbstbestimmungsrecht im Sinne von Art. 8 Ziff. 1 EMRK gehört auch das Recht, über Art und Zeitpunkt der Beendigung des eigenen Lebens zu entscheiden; dies zumindest, soweit der Betroffene in der Lage ist, seinen entsprechenden Willen frei zu bilden und danach zu handeln."

(Schweizer Bundesgericht, 3. November 2006)

Situation in Deutschland


Aktuelle Rechtsprechung (de jure) ...

"Im Fall des irreversiblen tödlichen Verlaufs ist eine auf die Situation bezogene Patientenverfügung auf jeden Fall verbindlich."

(BGH Beschluss vom 17. 3. 2003 - XII ZB 2/ 03)


"Die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung ist aber unabhängig davon, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet."

(BVerfG 1 BvR 618/93)


"Auch aus der Gewissensfreiheit ergibt sich kein Recht, sich über das Selbstbestimmungsrecht des Patienten hinwegzusetzen und in dessen Recht auf körperliche Unversehrtheit einzugreifen."

(BGH Beschluss XII ZR 177/03)


"Eine gegen den in einer Patientenverfügung erklärten Willen des Patienten durchgeführte Behandlung ist eine rechtswidrige Handlung, deren Unterlassung der Patient verlangen kann. Dies gilt auch dann, wenn die begehrte Unterlassung zum Tode des Patienten führen würde. Das Recht des Patienten zur Bestimmung über seinen Körper macht Zwangsbehandlungen, auch wenn sie lebenserhaltend wirken, unzulässig."

((BGH Beschluss XII ZR 177/038 mit Verweis auf Senatsbeschluß aaO 751)


"Für den Fall, dass eine Patientenverfügung das Unterlassen von Maßnahmen bei einer Erkrankung vorsieht, die noch nicht in ein Stadium des unumkehrbaren tödlichen Verlauf getreten ist, das Befolgen der Patientenverfügung aber zum Tod führen würde ob-wohl noch realistische Aussichten auf Heilung bestehen, ist nach derzeitiger Rechtslage die Patientenverfügung für einen Betreuer/Bevollmächtigten nicht zwingend verbindlich, wenn der Wille des Patienten für die konkrete Behandlungssituation nicht eindeutig und sicher festgestellt werden kann."

((BVerfG 1 BvR 618/93, Beschluss vom 2. 8. 2001)


"Im Fall, dass der Wille nicht eindeutig und sicher festgestellt werden kann, liegt es also im Ermessen des Betreuers bzw. des Bevollmächtigten, zu entscheiden, ob eine Be-handlung abgebrochen oder fortgesetzt wird, und zwar unabhängig davon, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet. Hat das Gericht Kenntnis von einer Bevollmächtigung, darf es auch dann keinen Betreuer bestellen, wenn der Betroffene mittels Patientenverfügung lebensrettende Behandlungen ausschließt."

((BVerfG 1 BvR 618/93)


"Im Fall, dass der Wille des Patienten eindeutig und sicher festgestellt werden kann, gibt es keinen Ermessensspielraum, und zwar unabhängig davon, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet."

... und die Wirklichkeit (de facto)

Dennoch passiert es immer wieder, dass Ärzte eine vorliegende Patientenverfügung einfach ignorieren oder deren rechtlichte Relevanz bestreiten.

Entgegen der eindeutigen Aussagen der Menschenrechtskonvention und der liberalen Generallinie in der Rechsprechung des BGH und des BverfG kommt es stets aufs Neue zu widersprüchlichen juristischen Entscheidunge. Daduch fühlen sich offenbar einige Angehörige des Bundestags veranlaßt, die bestehenden fundamentalen Freiheitsrechte durch gesetzliche Regelungen zu beschneiden.

Sterbehilfe findet heimlich statt

Schon heute und seit langem findet auch in Deutschland aktive Sterbehilfe durch Ärzte statt, meistens wohl auch auf Verlangen des Kranken. Aber dieser Vorgang muss zufolge der Strafdrohung des Paragraphen 216 StGB – Tötung auf Verlangen mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe – bislang geheim bleiben. Erfolgt der Akt geheim, trifft den Arzt auch keinerlei Berichts- oder gar Rechtfertigungs-pflicht. Würde Sterbehilfe dagegen gesetzlich legitimiert, ginge dies nicht ohne eine gewisse Regulierung vor sich. Der Arzt wäre nicht mehr nur sich selbst gegenüber verantwortlich, sondern hätte eine Kontrolle zu akzeptieren.

Versagen des Bundestages in der grundsätzlichen Debatte zur Patientenverfügung


Weil es sich um eine ethisch schwierige Abwägung handelt, sollen die Abgeordneten bei der Entscheidung über Patientenverfügungen nur ihrem Gewissen folgen dürfen.

  • contra
    Wenn im voranstehenden Absatz der Fraktionszwang ausdrücklich aufgehoben wird, offenbart dies zu wiederholten Mal eine beklagenserte Ignoranz der Parteien im Bundestag gegenüber dem Artikel 38 (Satz 1) unseres Grundgesetzes.


Dennoch ist der Deutsche Bundestag seit 2003 nicht in der Lage, sich auf eine Regelung zur Gültigkeit von Patientenverfügungen zu einigen. Das Thema wurde seither immer wieder von der Tagesordnung genommen. Auch der jüngste Vorstoß (zwischen Januar 2009 und Mai 2009) scheiterte. In der laufenden Ligislaturperiode ist kein neuer Versuch einer Einigung zu erwarten.



Stünker-Entwurf


Der früheste Entwurf stammt von einer Gruppe um den SPD-Abgeordneten Joachim Stünker. Dieser wird derzeit von 200 Abgeordneten unterstützt, vorwiegend aus der SPD. Er hat damit bisher die meiste Zustimmung gefunden. Inhaltlich soll dem Willen von Patienten möglichst weitreichende Geltung verschafft werden. Patienten sollen eine weitere medizinische Behandlung auch dann im Vorhinein ablehnen können, wenn die Krankheit keinen tödlichen Verlauf nehmen muss.

  • pro


  • contra
Der Entwurf beschreibt nicht mehr, als die durch die Rechtsprechung bereits definierte Rechtslage in Deutschland


Bosbach-Entwurf


Geht es nach der Gruppe um den Unionsabgeordneten Wolfgang Bosbach, der auch Grüne und SPD-Politiker angehören, soll in Patientenverfügungen dagegen ein Abbruch der Behandlung nur für den Fall festgeschrieben werden können, dass der Patient im Sterben liegt, es sich um das Endstadium einer unheilbaren Krankheit handelt oder der Patient das Bewusstsein unwiederbringlich verloren hat. Der Patientenverfügung muss ein ärztliches Beratungsgespräch vorausgehen. Auf eine notarielle Beglaubigung dieses Gesprächs will die Gruppe nach heftiger Kritik aber verzichten. Dieser Antrag wird von 100 Parlamentariern unterstützt.

  • pro
    Die Verbindlichkeit einer Patientenverfügung wird anerkannt


  • contra
    Menschenrechte dürfen nicht an Bedingugen geknüpft sein
    Erklärt den Schutz des Lebens - und damit die Pflich zum Leben und Leiden - für vorrangig
    Verlangt für die Gültigkeit der Verfügung eine ärztliche Beratung und eine notarielle Beglaubigung.


Zöller-Entwurf


Der Antrag der Gruppe um den CSU-Abgeordneten Wolfgang Zöller ähnelt dem der Stünker-Gruppe. Anders als bei Stünker ist allerdings für die Patientenverfügungen nicht zwingend die Schriftform vorgesehen. Die Verfügung soll am Krankenbett von Arzt und Angehörigen gemeinsam beraten werden. Der Antrag hat bislang 50 Unterstützer.

  • pro


  • contra
  • Angehörige und Ärtze haben nicht das Recht, gegebenenfalls gegen den Wunsch des betroffenen Patienten zu bechließen.


Hüppe-Entwurf


Der jüngste Entwurf stammt von einem Kreis um den CDU-Abgeordneten Hubert Hüppe. Hüppe möchte, dass auf eine gesetzliche Regelung verzichtet wird. Wie viele Abgeordneten diesen Antrag unterstützen ist noch nicht klar. Da 262 allerdings noch keinen der anderen Entwürfe unterzeichnet haben, ist nicht auszuschließen, dass dieser Antrag am Ende erfolgreich sein wird.

  • pro
    Der Entwurf entspräche damit konsequent der Europäische Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung von BGH und BVerfG


  • contra
    Keine gesetzliche Regelung zu beschließen schafft keine Rechtssicherheit im Hinblick auf die Entscheidungskompetenz der Ärzte und Richter



Quelle: FAZ.NET, 26. Mai 2009; Zeit.Online, 26. Mai 2009

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Bergriffsbestimmung

Häufig werden die Begriffe falsch verwendet. Worte wie «Euthanasie» oder «Sterbehilfe» sagen nicht genau aus, was gemeint ist. Deshalb ergeben sich falsche Vorstellungen und Missverständnisse.

Aktive Sterbehilfe

Wer «aktive Sterbehilfe» verlangt, muss wissen, was das heißt: Ein Mensch soll durch einen anderen Menschen auf dessen Verlangen hin getötet werden. Dies ist in den Niederlanden und Belgien erlaubt.

Sterbehilfe

«Sterbehilfe» kann nahezu alles sein: Bei einem natürlichen Sterbenden sitzen, ihm Trost spenden, ihn pflegen.

Euthanasie

Unter «Euthanasie» haben die Nazis im Dritten Reich das Töten von Geisteskranken verstanden. Außerhalb von Deutschland versteht man darunter jedoch immer einen «sanften Tod» [von eu~ - gut, richtig, leicht, schön und thanatos - der Tod], aber wiederum ohne dass je klar wird, wie dieser überhaupt im Einzelfall jeweils bewerkstelligt werden soll.

Passive Sterbehilfe

Wir verstehen unter «passiver Sterbehilfe», dass bei einem Menschen, bei dem Sterben angesagt ist, das Sterben zugelassen, also das Leben nicht verlängert wird.

Indirekte, aktive Sterbehilfe

Von der «indirekten aktiven Sterbehilfe» sprechen wir, wenn einem todkranken Menschen die Schmerzen maximal gelindert werden, auch wenn durch die hohe Dosis des Schmerzmittels sich die Dauer seines restlichen Lebens verkürzen kann.

Begleiteter Freitod

Und wir sprechen vom «begleiteten Freitod» oder vom «assistierten Suizid», wenn einem Menschen geholfen wird, sein eigenes Leben selbst zu beenden, ohne dass er dabei das Risiko des Scheiterns des Selbsttötungsversuches oder gar Schmerzen in Kauf nehmen muss. Dieses Vorgehen ist u.a. in der Schweiz und Oregon, USA erlaubt.

Quellen: Mensch und Recht, Nr. 95, März 2005, Verlag: Wissen und Meinung, Postfach 10, 8127 Forch, Schweiz; wikipedia: “Euthanasie“


Suizid-Prophylaxe


Alle 59 Sekunden ein Suizidversuch, alle 45 Minuten ein Suizid

Die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries erklärte wiederholt öffentlich, in Deutschland könne sich ja jedermann selbst umbringen; das sei nicht verboten. Sie sagt dies, obwohl sie weiss, dass von den rund 540.000 Menschen, die jedes Jahr in Deutschland versuchen, ihr eigenes Leben zu beenden, im Jahre 2004 nur gerade 10.733 geschafft haben. Das heisst, dass es alle 45 Minuten in Deutschland einem Menschen gelingt, sein eigenes Leben zu beenden, und dies in jedem Falle mit schrecklichen Methoden. Die übrigen 529.000 sind mit ihrem Versuch jedoch gescheitert, häufig mit schwerwiegenden Folgen für die betreffenden Menschen selbst, ihre Angehörigen und für das marode deutsche Gesundheitswesen. Die entsprechenden Kosten belaufen sich jährlich auf etwa 20 Milliarden Euro – ein Zwanzigstel des Gesundheitsbudgets.

Offenbar im Zustand einer partiellen Gehirnlähmung nehmen die politischen und kirchlichen Eliten in diesem Staate das achselzuckend hin und behaupten anderseits, sich für das Leben einsetzen zu wollen.

Sie ignorieren die Tatsache, dass dort, wo assistierter Suizid möglich ist, nur kleinste Minderheiten diesen Weg für sich selbst wählen.
Beispielhaft sind hier sowohl Oregon in den USA als auch die Schweiz zu nennen.

Fazit

Das Recht auf Leben enthäte keinerlei Pflicht zum Leben, wenn dieses unerträglich geworden ist. Mit seinem aus dem Persönlichkeitsrecht ableitbaren Entscheid über den Zeitpunkt seines Todes bestimmt der Betroffene selbst, wann und wie er sein Recht auf Leben ausüben möchte. Weder der Staat noch ein Gott begrenzen einen zurechnungsfähigen Menschen bei Entscheidungen, die den Zeitpunkt des eigenen Todes betreffen. Wenn schwer leidende Menschen ihr Leben durch Suizid oder aktive Sterbehilfe beenden, kann dies auch Ausdruck eines tiefen Vertrauens in die Metaphysik sein.

Mit der Aufnahme des Themas ’Begleiteter Freitod/Assozierter Suizid’ und der Forderung nach Anerkennung der uneingeschränkten Verbindlichkeit von Patiententestament, Patientenverfügung und Pflegeverfügung durch den Gesetzgeber können PIRATEN ein Thema besetzten, bei dem weite Teile (ca. 70%) der Bevölkerung - bisher vergeblich - eine Regelung von der Politik erwarten.